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VfL Gummersbach: Die Angst vor dem Absturz

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Vedran ZrnicFoto: Eibner-Pressefoto
14.03.2013 - 10:41 Uhr

Der VfL Gummersbach befindet sich im Abstiegskampf. Die Probleme der laufenden Saison waren vorprogrammiert. Nun stehen die Wochen der Entscheidung bevor. 

„Wir waren nur ein besserer Sparringspartner für den HSV“, gab Gummersbach Trainer Emir Kurtagic nach dem ernüchternden 21:32 in Hamburg zu. Bereits nach 10 Minuten, als seine Mannschaft mit 2:8 zurücklag, schien das Spiel gelaufen zu sein. Die Abwehr war löchrig, technische Fehler bestimmten das Geschehen, vorne ereignete sich ein Abspielfehler nach dem anderen. „Diese Abspielfehler haben wir nicht zum ersten Mal in dieser Saison gemacht. Irgendwie können wir das nicht abstellen“, sagte ein frustrierter Christoph Schindler (29). „Wir haben unser Vorhaben, nämlich aggressiv und mutig zu spielen, von der ersten Minute an nicht umgesetzt. Die Art und Weise, wie wir hier aufgetreten sind, ist einfach enttäuschend.“ 

Coach Emir KurtagicZoom
Coach Emir KurtagicFoto: Eibner-Pressefoto

Eine Niederlage in Hamburg mag beim VfL Gummersbach einkalkuliert gewesen sein. Das Problem ist jedoch: Auch wenn der Traditionsverein einen guten Tag erwischt, werden oftmals keine Punkte geholt. Zuletzt gegen HBW Balingen-Weilstetten trat der VfL stark auf und gab das Spiel dennoch aus der Hand. „Uns fehlen in jedem Spiel 20 Minuten“, so Schindler. „Wir spielen meist eine gute erste Halbzeit, führen oft über weite Strecken in der 2. Halbzeit und dann brechen wir ein.“ Auch Trainer Emir Kurtagic wirkt ratlos: „Heute hatten wir eine starke Torhüterleistung, dafür gab es in der Abwehr viele Fehler. Gegen Balingen spielte die Abwehr besser, dafür war die Torhüterleistung nicht sonderlich gut. Irgendwas ist immer.“ 

Schlechte Abwehr zusätzlich geschwächt 

Die Probleme des VfL Gummersbach waren vorprogrammiert. Bereits in der vergangenen Saison gelang nur aufgrund einer starken Rückrunde der Klassenerhalt. Mit 1.078 Gegentoren hatten die Nordrhein-Westfalen die zweitschwächste Abwehr der Liga. Vergangenen Sommer wurde die Verteidigung trotzdem nicht verstärkt, sondern zusätzlich geschwächt. Mit Patrick Wiencek (THW Kiel) und Igor Anic (Cesson Rennes Metropole) verließen zwei Leistungsträger den Verein. „Das waren starke Abgänge. Es war abzusehen, dass diese Saison schwierig wird“, sagt Adrian Pfahl (30). Mit 117 Toren ist er die Lebensversicherung des VfL. 

Verletzungsprobleme verschärften die Krise des VfL Gummersbach. Ob nun Adrian Pfahl, Dennis Krause (25) oder Kentin Mahe (21) - viele Leistungsträger fehlten bereits etliche Wochen. Immerhin: Pfahl präsentiert sich längst wieder in Bestform, und Dennis Krause soll beim bevorstehenden Heimspiel gegen MT Melsungen wieder zurückkehren. Mit der Rückkehr von Mahe ist in rund drei Wochen zu rechnen. „Wir haben einen dünnen Kader. Besonders bei solchen Verletzungsproblemen ist das festzustellen“, weiß Adrian Pfahl. 

Erfolgserlebnisse wären hilfreich

12 Punkte hat der VfL Gummersbach vorzuweisen. Nur einen Punkt trennt den Tabellen-14. von einem Abstiegsplatz. Trainer und Spieler stehen in der Pflicht. „Gegen Melsungen müssen wir gewinnen“, stellt Schindler klar. „Es geht nicht darum, ein schönes Spiel zu machen. Wir brauchen die Punkte.“ Vor allem braucht der Verein Erfolgserlebnisse. Mangelndes Selbstvertrauen, Nervosität, Abstiegsangst - all das ist den Spielern anzusehen. „Gewinnen wir einige Spiele, geht alles einfacher“, glaubt Schindler. „Die letzten Spiele waren nicht schlecht, auch gegen Balingen nicht. Wenn wir daran anknüpfen und die Schwächephasen auslassen, schaffen wir den Klassenerhalt.“ 

Santos kam, weitere Leistungsträger werden gehen 

Adrian Pfahl wechselt nach der Saison nach HamburgZoom
Adrian Pfahl wechselt nach der Saison nach HamburgFoto: Eibner-Pressefoto

Anfang Februar verpflichtete der VfL Gummersbach mit Raul Santos einen talentierten Linksaußen. Der 20-Jährige ist kein Spieler, der das Ruder herumreißen kann. Dafür bringt er etwas Unbekümmertheit in das Spiel. „Er setzt positive Akzente“, sagt Trainer Kurtagic. „Aber er ist natürlich ein junger Kerl, der noch viel zu lernen hat.“ Letztendlich müssen die erfahrenen Kräfte den Klassenerhalt sichern. „Wir haben genügend Qualitäten in der Mannschaft und eine gute Ausgangsposition. Jetzt müssen wir endlich die Punkte holen.“ 

Niemand in Gummersbach mag darüber nachdenken, dass in der noch im Bau befindlichen „Schwalbe-Arena“ kommende Saison nur Zweitliga-Handball zu sehen sein wird. Spitzenmannschaften wie THW Kiel oder die SG Flensburg-Handewitt sollen in der Multifunktionshalle bald zu Gast sein. Nicht Henstedt-Ulzburg oder HG Saarlouis. Eins ist sicher: Dem VfL steht eine schwere Zeit bevor. Gelingt in dieser Saison der Klassenerhalt, wäre der Abstiegskampf auch in der nächsten Saison vorprogrammiert. Leistungsträger wie Adrian Pfahl (HSV) und Dennis Krause (Wetzlar) werden den Verein verlassen. Ein weiterer Punkt, über den vermutlich niemand gerne nachdenkt.

Autor: Oliver Jensen
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