Startseite » Männer » 2. Bundesliga Männer » Interviews & Reportagen » TV Emsdetten: Der Überflieger der 2. Liga

TV Emsdetten: Der Überflieger der 2. Liga

Jubelnde Spieler des TV EmsdettenZoom
Jubelnde Spieler des TV EmsdettenFoto: Eibner-Pressefoto
31.01.2013 - 15:47 Uhr

Der TV Emsdetten überrascht die gesamte 2. Liga. Mit einem schmalen Etat und viel Ehrenamt wurden besser betuchte Mannschaften in die Schranken verwiesen. 

Allzu große Ziele hat Trainer Patrik Liljestrand vor der Saison nicht genannt. „Nach dem siebten Tabellenplatz in der Vorsaison wollten wir uns lediglich etwas verbessern“, sagt der 46-Jährige. Doch die Westfalen mutierten zur Überraschungsmannschaft. Nach 18 Spieltagen führen sie mit vier Punkten Vorsprung die Tabelle an. „Von so einer Hinrunde kann man eigentlich nur träumen“, so der Trainer. Auch im DHB-Pokal sorgte Emsdetten für Furore. Nach einem Kantersieg gegen den Bundesligisten TV Neuhausen (33:20) hatte man sogar den HSV am Rande einer Niederlage. „Wir wussten, dass Emsdetten ein starker Zweitligist ist. Aber so schwer hatten wir uns das hier ehrlich nicht vorgestellt“, gab Pascal Hens (32) nach dem denkbar knappen 30:29 der Hamburger zu. 

Neuzugang Ragnarsson hat eingeschlagen 

TV Emsdetten
Logo: TV Emsdetten

Kaum ein Experte hatte vor Saisonbeginn den TV Emsdetten als Aufstiegsanwärter auf dem Zettel. „Wir haben im Sommer viel Erfahrung verloren“, gibt Liljestrand zu. Besonders Achim Cordes (Karriereende) und Fannar Þór Friðgeirsson (25, HSG Wetzlar) schienen schwer zu ersetzen sein. Doch Neuzugang Olafur Bjarki Ragnarsson (HK Kopavogs) hat eine starke Hinrunde gespielt, die beiden genannten Abgänge dadurch praktisch vergessen gemacht. Auch mit Mike Schulz (21, TUSEM Essen) ist der Übungsleiter nicht unzufrieden. „Er muss noch mehr Muskeln aufbauen. Aber er hat gezeigt, welches Potential in ihm steckt“, so Patrik Liljestrand. Er spricht mit stolz von seiner Mannschaft: „Unsere Stärke ist, dass wir einen sehr ausgeglichenen Kader haben. Keiner unserer Spieler steht vorne in der Torschützenliste. Natürlich freue ich mich auch, wenn ein Spieler viele Tore macht. Aber noch besser ist es, wenn viele Spieler torgefährlich sind. Und das ist unsere Stärke.“ 

Die Ausgeglichenheit des Kaders ist auch der Grund dafür, dass Verletzungen den TV Emsdetten bisher kaum schwächen konnten. „Die Ausfälle waren auf Positionen, wo wir einen gleichwertigen Ersatz hatten“ so Liljestrand. Als zum Beispiel Janko Bozovic (27) von einer Länderspielreise verletzt zurückkehrte, hat Ernir Arnarson (26) die Lücke gefüllt. Selbst Abwehrchef Patrik Kvalvik (28) konnte durch den jungen Maximilian Schüttemeyer (19) ersetzt werden. Als sich daraufhin auch Schüttelmeyer verletzte, sprang Janko Bozovic ein. Patrik Liljestrand glaubt, dass kein Spieler in seiner Mannschaft unersetzbar ist. „Wir haben durch den guten Saisonstart viel Selbstvertrauen bekommen. Die Spieler glauben einfach daran, jeden Ausfall kompensieren zu können. Und das ist wichtig.“ 

Macht der Aufstieg Angst? 

Spieler des TV Emsdetten applaudieren den FansZoom
Spieler des TV Emsdetten applaudieren den FansFoto: Eibner-Pressefoto

Fragt man Patrick Liljestrand nach den Schwächen seiner Mannschaft, fällt ihm nicht allzu viel ein. „Ich glaube nicht, dass man noch viel besser als in der Hinrunde spielen kann“, sagt er ehrlich. Trotzdem spricht er nicht gerne vom Aufstieg in die Bundesliga: „Wenn man auf Position eins steht und vier Punkte Vorsprung hat, wäre es komisch, nicht aufsteigen zu wollen. Aber wenn ein Trainer vom Aufstieg spricht, könnten manche Spieler Angst bekommen. Daher gucken wir von Spiel zu Spiel.“ Er warnt davor, die Rückrunde als einen Selbstläufer zu betrachten. „Dass alle denken, wir seien bereits durch, ist ein großes Problem. Wir haben noch 18 schwere Spiele vor uns“, führt er fort. Es ist nicht das erste Mal, dass der Bundesligaaufstieg in Emsdetten ein Thema ist. In der Saison 2009/2010 nahm man bereits an den Relegationsspielen der Handball-Bundesliga teil. Nachdem der Bergische HC besiegt wurde, scheiterte der TVE knapp am TSV Dormagen. 

Verstärkungen trotz geringem Budget nicht ausgeschlossen 

Wirtschaftlich betrachtet ist der TV Emsdetten keineswegs eine Großmacht der 2. Liga. Der Saisonetat liegt bei rund 700.000 Euro. „Damit bewegen wir uns im unteren Drittel der Liga“, sagt der Sportliche Leiter und ehemalige Nationalspieler Frank Thünemann. „Die anderen Mannschaften, die unter den ersten fünf in der Tabelle stehen, haben etwa 1 Million. Der Bergische HC sogar 2,5 Millionen.“ Dass unter dem geringen Etat die Qualität der Mannschaft kaum leidet, liegt nicht zuletzt daran, dass die meisten Offiziellen ehrenamtlich arbeiten. „Mit Stefan Bögel haben wir seit vier Monaten einen hauptamtlichen Manager. Alle anderen bekommen kein Gehalt, mich selbst eingeschlossen“, so Thünemann. 

Eigentlich sind auch keine großen Gelder vorhanden, um sich zur Rückrunde noch einmal zu verstärken. Trotzdem wird darüber gesprochen. Der Verein verhandelt mit Sponsoren, um weitere Gelder zu akquirieren. „Wenn sich in der Rückrunde nicht allzu viele Spieler verletzen, brauchen wir keine weiteren Leute“, erklärt Thünemann. „Doch wir haben nun die einmalige Chance, den Aufstieg in die Bundesliga zu schaffen. Die Frage ist also: Wollen wir mit einem schmalen Kader das Risiko eingehen, dass wir bei großem Verletzungspech noch scheitern oder wollen wir vorsorgen?“ Die Antwort steht noch aus.

Autor: Handball.de
Diesen Beitrag im Forum diskutieren



Der Handball.de Vereinsrabatt

Zurück