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Michael Haaß: Champions League Quali nicht ausgeschlossen

Michael Haaß von FRISCH AUF! GöppingenZoom
Michael Haaß von FRISCH AUF! GöppingenFoto: Eibner-Pressefoto
17.08.2012 - 14:34 Uhr

Bei der Handball-Europameisterschaft zog sich Michael Haaß einen Bruch des Sprunggelenks zu. Fast ein halbes Jahr musste der Rückraumspieler pausieren. Ende Juli gab er beim Testspiel gegen TV Gerolzhofen (49:17) sein Comeback. Der 28-Jährige hofft nun auf eine erfolgreiche Saison. Mit Handball.de-Mitarbeiter Oliver Jensen sprach er über seine langwierige Verletzung, seine Ambitionen mit FRISCH AUF! Göppingen und einen möglichen Vereinswechsel. 

Herr Haaß, was war das für ein Gefühl, wieder auf dem Feld zu stehen? 
Michael Haaß: "Nachdem ich fünf Monate nur Fitnesstraining machen konnte, war ich froh, endlich wieder mit dem Ball spielen zu können. Ich hätte bereits in den zwei Spielen zuvor auflaufen können. Aber mir fehlte das handballspezifische Training und ich brauchte mehr Sicherheit." 

Wie fit fühlen Sie sich nach der langen Verletzung?
Michael Haaß: "Ich bin fit, das ist kein Problem. Mir fehlt lediglich das Gefühl für das Spiel. Das Timing und die Fähigkeit, im Spiel die richtigen Entscheidungen zu treffen, sind noch nicht vorhanden. Das wird von Einsatz zu Einsatz besser. Ich bin guter Dinge, dass ich zum Saisonbeginn mein altes Niveau erreicht habe." 

Ist das nicht ein wenig zu optimistisch? Es gibt die Faustregel, dass man genauso lange, wie die Verletzung vorhanden war, noch einmal braucht, um die alte Form zu erlangen. Das wäre dann Ende des Jahres. 
Michael Haaß: "Ich kenne diese Theorie. Aber im Profisport kann sich das niemand erlauben. Ich hoffe, dass es bei mir schneller geht." 

Wie schwierig war es für Sie, nach dem EM-Spiel gegen Polen die Verletzung zu verarbeiten? 
Michael Haaß: "Ich musste mich damit abfinden. Es ist nicht einfach, bei den Spielen der Mannschaftskameraden nur zuzuschauen. Ich sah, wie meine Kollegen kämpften, konnte aber nicht helfen. Statt mit dem Ball zu trainieren, musste ich jeden Tag in die Reha. Das ist eine zähe Angelegenheit. Alleine das Duschen mit Krücken und Gips ist kein Spaß. Es ist ein großer Einschnitt, seinen Beruf nicht ausüben zu können. Aber das gehört dazu. Niemand kann davon ausgehen, zwölf Jahre ohne Verletzung Profisport zu betreiben." 

Benötigen Ihre Freunde und Familie ein dickes Fell, um mit Ihren Launen während einer Verletzungspause klarzukommen?
Michael Haaß: "Ich habe versucht zu vermeiden, privat ungenießbar zu sein. Genügend Zeit, um die Verletzung zu verarbeiten, hatte ich jedenfalls. Außerdem habe ich festgestellt, dass man als Verletzter einen strukturierten Tagesablauf hat. Manchmal war es angenehm, das Wochenende zu Hause zu verbringen und keine Auswärtsfahrten zu haben." 

Sprechen wir über die bevorstehende Saison: Sie haben eine lange Verletzungspause hinter sich, ihr Teamkollege Manuel Späth kann bis Saisonstart aufgrund einer Daumenverletzung nicht mit dem Ball trainieren. Das ist keine ideale Ausgangsposition, oder?
Michael Haaß: "Allgemein verläuft unsere Vorbereitung nicht optimal. Wir haben wenig Leute, unsere Olympia-Teilnehmer sind noch nicht zurück, außerdem gibt es in unserem Kader keinen gelernten Kreisläufer. Das ist blöd. Aber das gilt nicht als Ausrede für einen verpatzten Saisonstart. Wir müssen uns so gut einspielen, wie es eben möglich ist." 

Michael Haaß von FRISCH AUF! GöppingenZoom
Michael Haaß von FRISCH AUF! GöppingenFoto: Eibner-Pressefoto

Göppingen hat zweimal in Folge den EHF-Pokal gewonnen und landete in der Bundesliga auf Position 8. Was ist diese Saison möglich? 
Michael Haaß: "Wir sind im Europapokal wieder dabei, haben aber noch kein konkretes Ziel vor Augen. Auch für die Bundesliga haben wir noch kein Ziel ausgegeben. Dass wir Platz 8 nicht wiederholen möchten, ist klar." 

Kann es sein, dass die ersten fünf Plätze mit Kiel, Flensburg, Berlin, Hamburg und den Löwen bereits vergeben sind und es für alle anderen Mannschaften maximal um Platz 6 geht? 
Michael Haaß: "Ich finde, dass die Bundesliga näher zusammengerückt ist. Ich glaube, dass es in der kommenden Saison noch offener wird, was hinter Kiel passiert. Beispielsweise bin ich gespannt, ob sich Hamburg stabilisieren kann. Jede Mannschaft kann gegen jeden verlieren. Hinter Kiel sehe ich einen offenen Kampf." 

Also könnte Göppingen sogar um die ersten vier Plätze, also die Champions League Qualifikation, mitspielen?
Michael Haaß: "Ausgeschlossen ist das nicht. Aber dafür müsste bei uns vieles perfekt laufen." 

Ihr Vertrag läuft noch ein Jahr. Sie sind Weltmeister geworden, zweimal Europapokalsieger. Würde es Sie reizen, noch einmal zu einem Verein mit Meisterschaftsambitionen zu gehen?
Michael Haaß: (lacht) "Klar, jeder möchte so erfolgreich sein wie möglich. Aber wenn sich die Möglichkeit nicht ergibt, kann ich nicht überall anklopfen. Das ist eine Frage des Angebots und der Nachfrage. Im Moment stellt sich die Frage nicht." 

Aber wie es ab Sommer 2013 weitergeht, ist noch offen?
Michael Haaß: "Das ist offen." 

Sprechen wir noch einmal über die Nationalmannschaft: Stefan Kretzschmar hat im Interview mit Handball.de gesagt, er habe den Eindruck, die Nationalspieler würden nicht gemeinsam durch dick und dünn gehen. Stimmt das? 
Michael Haaß: "Sonderlich dicht ist Kretzsche an der Nationalmannschaft nicht dran. Ich habe das Gefühl, dass die Stimmung jetzt besser ist als in den letzten Jahren. Wir sind eine homogene Mannschaft, haben einen großen Zusammenhalt. Nur die Ergebnisse stimmen nicht. Trotzdem: Man sollte uns Zeit geben. Wir sind auf einem guten Weg, mittelfristig mit den Großen mithalten zu können." 

Was fehlt der Nationalmannschaft, um wieder einen Titel zu gewinnen? 
Michael Haaß: "Ein bisschen Erfahrung, ein bisschen Kaltschnäuzigkeit, ein bisschen Killerinstinkt. Das sind kleine Stellschrauben, die man noch stellen muss. Wichtig ist auch ein Erfolgserlebnis. Die Mannschaft hat super gegen Dänemark gespielt und auch gewonnen. Das Spiel in Bosnien war natürlich ein Dämpfer. Aber wir sind qualifiziert. Das Beste wäre nun eine tolle WM in Spanien." 

Haben Sie eine Erklärung dafür, warum das Rückspiel in Bosnien in einer Blamage endete? 
Michael Haaß: "Das ist schwer zu erklären. Die 13 Tore Vorsprung aus dem Hinspiel waren viel. Jeder denkt, das Rückspiel schaffen wir irgendwie. Es war auch eine Umstellung, dass in der Halle tote Hose war. Alle dachten, die Halle würde kochen. Trotzdem darf so etwas nicht passieren." 

Sie waren beim Weltmeisterschaftssieg 2007 dabei. Was war damals anders als heute? 
Michael Haaß: "Man kann den Heimvorteil nicht groß genug einschätzen. Ein Beispiel: Die Serben werden zu Hause Vize-Europameister und scheiden bei Olympia in der Vorrunde aus. Das war bei uns ähnlich. 2007 wurden wir Weltmeister, 2008 war bei den Olympischen Spielen in Peking ebenfalls nach der Vorrunde Schluss. Bei der WM entstand eine große Euphorie, viele Spieler waren auf dem Zenit ihrer Karriere und sind über sich hinausgewachsen. Es hat alles gepasst." 

Autor: admin
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