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Ljubomir Vranjes (Flensburg): "Wir sind kein Meisterschaftskandidat"

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Ljubomir VranjesFoto: Eibner-Pressefoto
23.02.2013 - 10:31 Uhr

Die SG Flensburg-Handewitt präsentiert sich in Topform. Im DHB-Pokal zog man in das Final-4 ein, die Gruppenphase der Champions League wurde mit Bravour überstanden und in der Bundesliga gab es zuletzt zehn Siege in Folge. Trotzdem sieht Trainer Ljubomir Vranjes sein Team noch nicht als Spitzenmannschaft. Handball.de Mitarbeiter Oliver Jensen hat sich mit dem 39-Jährigen unterhalten. 

Handball.de: Herr Vranjes, wird die SG Flensburg-Handewitt als Tabellendritter im Meisterschaftskampf noch ein Wörtchen mitreden? 
Vranjes: "Wir sind kein Meisterschaftskandidat. Der Abstand zu den Löwen und dem THW Kiel ist groß. Wir wollen versuchen, den dritten Platz zu behalten. Wichtig ist, dass wir nächste Saison im europäischen Wettbewerb spielen - möglichst in der Champions League." 

Sie haben im Pokal die Löwen geschlagen, in der Bundesliga auch den THW Kiel besiegt. Warum sehen Sie Ihre Mannschaft nicht als Meisterschaftsanwärter? 
Vranjes: "Wir sind froh, dass wir kontinuierlich gute Leistungen bringen. Aber die Saison dauert noch lange. Die wichtigste Phase beginnt jetzt erst. Und wenn wir einmal zwei oder drei Spiele verlieren, kann auch der dritte Platz ganz schnell weg sein." 

Was fehlt der SG Flensburg-Handewitt, um den Schritt von einer guten Mannschaft zu einer Spitzenmannschaft zu schaffen? 
Vranjes: "Eine Spitzenmannschaft verliert keine Spiele gegen Mannschaften aus dem Mittelmaß. Damit meine ich die Plätze 3 bis 12. Gerade auswärts können wir gegen solche Teams verlieren. Einer Spitzenmannschaft, wie dem THW Kiel, passiert so etwas nicht." 

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Ljubomir VranjesFoto: Eibner-Pressefoto

Dafür ist Ihre Mannschaft sehr heimstark. 
Vranjes: "Das stimmt. Wir haben, ich glaube, 18 Spiele nicht mehr verloren. Das ist eine ganze Menge." 

Die letzten 10 Bundesligaspiele gingen alle gewonnen. Was macht Ihre Mannschaft derzeit so stark? 
Vranjes: "Ich sage immer, wir haben ein sehr hohes niedriges Niveau. Das heißt: Auch wenn wir gelegentlich mal eine schlechte Phase haben, machen wir insgesamt ein gutes Spiel. Die schlechten Phasen halten nie lange an." 

Kürzlich hatten Sie vier Spiele innerhalb von neun Tagen, die alle siegreich endeten. Gelangt Ihre Mannschaft überhaupt nicht an eine körperliche Belastungsgrenze? 
Vranjes: "Doch, natürlich merkt man das. Aber es ist meine Aufgabe, in solchen Phasen die richtige Balance zwischen Erholung und Training zu finden." 

Wie beurteilen Sie aktuell die Form der wieder genesenen Lars Kaufmann und Holger Glandorf? Glandorf haben Sie gegen Balingen-Weilstetten vorsichtshalber nicht spielen lassen. 
Vranjes: "Drei Spiele in sechs Tagen sind für Holger Glandorf einfach noch zu viel. Schließlich soll er auch im April noch spielen können. Und bei Lars Kaufmann geht es Schritt für Schritt vorwärts. Er hat bereits gute Leistungen gezeigt. Allerdings fehlt ihm noch die Kontinuität." 

Im November deuteten Sie gegenüber Handball.de an, dass Ihren Nachwuchsspielern noch die Qualität für die Bundesliga fehlt. Wie beurteilen Sie die Qualität ihrer jungen Spieler Morten Dibbert, Marc Blockhaus und Thies-Jakob Volquardsen derzeit? 
Vranjes: "Sie haben in letzter Zeit durchaus einen Sprung gemacht. Von der ersten Mannschaft sind sie allerdings noch einen Schritt entfernt. Sie können ein Spiel machen, schließlich trainieren sie auch häufig mit uns. Aber zum Bundesliga-Niveau fehlt noch einiges, besonders physisch." 

Und Malte Voigt, ebenfalls erst 20 Jahre alt, ist bereits einen Schritt weiter? 
Vranjes: "Mit seiner Entwicklung bin ich sehr zufrieden. Aber er benötigt noch mehr Spielpraxis. Und die kann ich ihm derzeit leider nicht geben." 

Hilft es der Entwicklung eines jungen Spielers, regelmäßig bei der zweiten Mannschaft zu spielen? Oder ist der Unterschied zwischen der 1. und 3. Liga zu groß? 
Vranjes: "Für mich ist die 2. Mannschaft sehr wichtig. Wer dort gute Leistungen bringt, bekommt auch bei mir seine Chance. Schwierig wird es, wenn jemand zu gut für die zweite Mannschaft ist, allerdings noch nicht das Niveau für die Bundesliga hat. Wissen Sie, was ich mir wünschen würde?" 

Erzählen Sie es uns… 
Vranjes: "Ich würde mir wünschen, dass jeder Bundesligist 16 Spieler für eine Partie nominieren kann, wobei Spieler Nummer 15 und 16 aus der eigenen Jungend kommen müssen. So könnte ich den jungen Spielern bei einem großen Vorsprung die Gelegenheit bieten, Spielpraxis zu sammeln. Das wäre für den deutschen Nachwuchs hilfreich. Wenn ich allerdings nur 14 Spieler mitnehmen kann, kommen die jungen Leute zu kurz." 

Am Mittwoch steht das Auswärtsspiel bei MT Melsungen an, die die letzten drei Ligaspiele verloren haben. Wie schätzen Sie die Mannschaft ein? 
Vranjes: "Melsungen hat eine gute Saison gespielt. Die letzten Spiele habe ich mir noch nicht angesehen, weil wir selber ständig unterwegs waren. Aber ich schätze sie sehr stark ein. Zumal sie vor heimischem Publikum spielen." 

Letzte Frage: Beim Spiel gegen Lübbecke im Dezember haben Sie sich aufgrund der vielen Verletzungsausfälle ein Trikot zur Seite gelegt, um im Notfall selber einspringen zu können. Wie fit sind Sie überhaupt noch? 
Vranjes: "Ich war keineswegs heiß darauf, zu spielen. Aber meine Fitness ist gut. Gelegentlich trainiere ich mit der Mannschaft mit. Ich wäre dazu in der Lage gewesen, zumindest zehn Minuten zu helfen." 

Autor: Oliver Jensen
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