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Interview mit Velimir Petkovic (Göppingen): “Der Wechsel kam für Michael Kraus zu früh”

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Velimir PetkovicFoto: Eibner-Pressefoto
10.05.2013 - 10:09 Uhr

Am Wochenende steht für Frisch Auf Göppingen das Final-4 des EHF Europa Pokal an. In den vergangenen beiden Jahren gewann der Bundesligist den EHF Pokal. Trainer Velimir Petkovic (56) sprach mit Handball.de Mitarbeiter Oliver Jensen über die bevorstehende Aufgabe, den Heinkehrer Michael Kraus und über seinen eventuellen Abschied aus Göppingen. 

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Petkovic und sein Team in einer AuszeitFoto: Eibner-Pressefoto

Handball.de: Herr Petkovic, ist das Halbfinale gegen die Rhein-Neckar Löwen ein vorgezogenes Endspiel? 

Petkovic: “Das würde ich nicht sagen. Wenn wir am Samstag gewinnen, müssen wir die Spannung bis Sonntag oben halten. Wir brauchen zwei Siege, um Geschichte zu schreiben und den Europapokal dreimal in Folge zu holen.” 

Handball.de: Trotzdem werden Sie sich kaum darüber gefreut haben, nun bereits im Halbfinale auf die Löwen zu treffen. 
Petkovic: “Doch. Ich glaube, ein Sieg gegen die Löwen ist am Samstag einfacher als am Sonntag. Wir werden richtig frisch und fit in dieses Spiel gehen. Das ist wichtig. Denn die Löwen haben mehr Qualität in der Breite.” 

Handball.de: In der Bundesliga landeten Sie zwischen 2008 und 2011 immer auf dem fünften und sechsten Platz. Diese und letzte Saison ist Göppingen im Mittelmaß versunken. Was fehlt noch zu einer Spitzenmannschaft? 
Petkovic: “Uns fehlt einfach die Qualität in der Breite. Viele andere Mannschaften haben sich richtig gut verstärkt. Meist ist es zwischen Tabellenplatz sechs und zehn sehr eng. Es war unser Saisonziel, zwischen Platz fünf und zehn zu landen. Das werden wir erreichen. Zufrieden bin ich mit dem Saisonverlauf trotzdem nicht.”

Wechselt im Sommer zurück nach Göppingen: Michael KrausZoom
Wechselt im Sommer zurück nach Göppingen: Michael KrausFoto: Eibner-Pressefoto

Handball.de: Sie sprechen die Qualität Ihrer Mannschaft an. Im Sommer kehrt Ihr ehemaliger Spieler Michael Kraus nach Göppingen zurück. Welche Erwartungen richten sich an ihn? 
Petkovic: “Mimi ist ein richtig guter Spieler. Ihm fehlt vielleicht das Selbstvertrauen. Er braucht jemanden, der an ihn glaubt, der ihm eine Chance gibt, bei dem er auch Fehler machen darf. Die Strapazen in Lemgo und Hamburg haben ihm sicherlich nicht nur gut getan. Aber er möchte wieder zurück in die deutsche Spitze. Mental hat er mittlerweile eine ordentliche Reife erlangt. Schließlich wird er bald 30 Jahre alt.” 

Handball.de: Kritiker werfen Michael Kraus vor, er habe sein großes Talent aufgrund mangelnder Disziplin verschwendet. 
Petkovic: “Ich war die letzten Jahre nicht sein Trainer, daher kann ich das nicht beurteilen. Ich lese nur was in der Zeitung davon. Auch bei uns war nicht immer alles in Ordnung. Der Unterschied ist nur: Wir haben nicht gleich am nächsten Morgen jeden Journalisten über sein Verhalten informiert.” 

Handball.de: War es für seine Entwicklung vielleicht ein Fehler, dass er mit 23 Jahren Göppingen Richtung Lemgo und später HSV verlassen hat? 
Petkovic: “Ich habe damals bereits gesagt, dass der Wechsel zu früh kommt. Er ist noch kein fertiger Spieler gewesen, hatte noch nicht genügend Erfahrung gesammelt. Er war einfach noch nicht reif, um auf der großen Bühne zu stehen, neben den besten Spielern zu spielen und plötzlich so viel Geld zu verdienen. Das war zu viel für ihn.” 

Handball.de: Also war der Wechsel ein Fehler. 
Petkovic: “Viele haben daran verdient. Lemgo bekam einen guten Spieler, die Berater bekamen viel Geld, Mimi bekam viel Geld und auch Frisch Auf erhielt eine gute Ablöse. Nur ich verlor einen guten Spieler, der einer der besten von Europa hätte sein können.” 

Handball.de: Sie sollen damals sauer auf Michael Kraus gewesen sein, weil er Ihnen eigentlich versprochen hatte, in Göppingen zu bleiben. Wann haben Sie sich vertragen? 
Petkovic: “Später habe ich erfahren, wie der Wechsel abgelaufen ist. Es war nicht nur die Schuld von Mimi. Ein halbes Jahr nach dem Wechsel haben wir uns ausgesprochen. Seitdem ist unser Verhältnis wieder überragend. Ich bin mir sicher, wir werden in der kommenden Saison gut zusammenarbeiten.”

Verlässt Göppingen am Saisonende: Michael HaaßZoom
Verlässt Göppingen am Saisonende: Michael HaaßFoto: Eibner-Pressefoto

Handball.de: Dafür wird Michael Haaß den Verein verlassen. Wie schwer wiegt der Weggang? 
Petkovic: “Er ist vorne und hinten ein wichtiger Spieler. Aber wenn jemand gehen möchte, sollte man ihn nicht aufhalten. Im Angriff kann ihn Michael Kraus gut ersetzen. In der Abwehr ist es schwieriger, weil Haaß dort eine wichtige Position hat.” 

Handball.de: Mit Pavel Horak verlieren Sie zudem einen echten Goalgetter an die Füchse Berlin. Tut Ihnen der Weggang besonders weh, weil er konstant auf hohem Niveau gespielt hat? 
Petkovic: “Konstant? Das ist fraglich. Er könnte einer der besten Halblinken von Europa sein. Aber gerade die Konstanz hat ihm dazu gefehlt. Trotzdem ist es schade, dass er geht.” 

Handball.de: Sie sind seit 2004 in Göppingen. Ihr Vertrag läuft noch bis 2015. Hat Sie nie eine andere Aufgabe gereizt? 
Petkovic: “Natürlich habe ich Ambitionen. Aber die Mannschaften auf den ersten drei oder vier Plätzen, also die Champions-League Teilnehmer, haben ihre Trainer langfristig gebunden. Was bleibt dann noch? Ich bin in Göppingen jedenfalls zufrieden gewesen. Wir haben die Marke aufpoliert, die Menschen reden mit Hochachtung von uns. Zweimal haben wir den EHF-Pokal gewonnen." 

Handball.de: Und wie sehen Sie Ihre Zukunft über 2015 hinaus? 
Petkovic: “Es ist eigentlich noch zu früh, um darüber zu reden. Aber vermutlich ist dann die Zeit gekommen, um über etwas Anderes nachzudenken.  

Autor: Oliver Jensen
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