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Interview mit Martin Schwalb (HSV Hamburg): "Andere Mannschaften werden besser behandelt"

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Martin SchwalbFoto: Eibner-Pressefoto
09.11.2013 - 15:24 Uhr

In Hamburg ist ordentlich was los. Sportlich hat der HSV nach einem misslungenen Saisonstart längst wieder in die Spur gefunden. Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses steht allerdings die mögliche Rückkehr des ehemaligen Präsidenten Andreas Rudolph. Der erfolgreiche Unternehmer hat sich zuletzt in Hamburg rar gemacht, war aber als Sponsor und Mäzen weiterhin ein wichtiger Geldgeber. Laut Medienberichten soll er insgesamt geschätzte 25 Millionen Euro in den Verein investiert haben. Nachdem sein Bruder Matthias Rudolph Ende Oktober sein Rücktritt vom Präsidentenamt erklärt hatte, signalisierte Andreas Rudolph seine Bereitschaft zur Rückkehr. Möglicherweise wird es bereits Ende der kommenden Woche soweit sein. 

Überhaupt stehen für den HSV entscheidende Wochen an. Gleich dreimal treffen die Hamburger innerhalb von 12 Tagen auf die SG Flensburg-Handewitt. Am Sonntag (20:15 Uhr, Sport1) in der Bundesliga, daraufhin zweimal in der Champions League. Im Handball.de Interview spricht Martin Schwalb über die mögliche Rudolph-Rückkehr, die Flensburg-Wochen und über mangelnde Anerkennung in der Öffentlichkeit. 

Handball.de: Herr Schwalb, Andreas Rudolph wird höchstwahrscheinlich bald wieder das Präsidentenamt übernehmen. Wie bewerten sie die mögliche Rückkehr?
Schwalb:
 “Es laufen Gespräche. Ich möchte mich da überhaupt nicht einmischen. Es würde mich sehr freuen, wenn er wirklich wieder Präsident wird.”  

Mit seinen Visionen und natürlich auch seinem Geld ist ein großer Verein herangewachsen. Wie schwierig ist es auf der anderen Seite, noch weiter zu wachsen, wenn man so einen starken Charakter hinter sich hat? Sind manche handelnden Personen durch ihn vielleicht auch gehemmt? 
Schwalb: “Nein, hier sind alle Manns genug, um seine Meinung zu sagen. Ansonsten wäre man beim HSV an der falschen Adresse. Wir wollen als Verein und Mannschaft Erfolg haben. Jeder trägt seinen Teil dazu bei.” 

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Martin SchwalbFoto: Eibner-Pressefoto

Sie kennen die Strukturen des Vereins gut. In welchen Punkten müsste der HSV zulegen, damit die Marke HSV unabhängig von Andreas Rudolph funktioniert? 
Schwalb: "Wir müssen in allen Bereichen zulegen. Der sportliche Erfolg ist das Wichtigste, damit wir Menschen für unsere Arbeit begeistern. So lassen sich neue Sponsoren akquirieren, so bekommt man auch neue Leute in die Halle. All das hat sich bisher gut entwickelt. Der Verein ist sehr anerkannt. Wir sind amtierender Champions-League-Sieger und eine echte Marke."

Standen Sie bereits miteinander im Kontakt, seitdem er seine Bereitschaft zur Rückkehr signalisiert hat? 
Schwalb: “Wir haben immer Kontakt. Andreas und ich haben eine gute Beziehung zueinander und sprechen sehr viel. Auch wenn es nicht um Entscheidungen wie diese geht.” 

Sprechen wir über den Sport: Beim Sieg gegen Magdeburg gab es eine gute Defensivleistung mit nur 24 Gegentoren. Wie sehr wird es nun in den drei Spielen gegen Flensburg auf die Abwehr ankommen?
Schwalb: “Die Abwehr muss in Flensburg gute Arbeit machen. Wir treffen auf eine Mannschaft, die viel in Bewegung ist und hervorragende Kreisläufer hat. Außerdem wissen wir, dass gegen Flensburg auch die kleinen Fehler im Angriff schnell bestraft werden. Durch die Außen Anders Eggert und Lasse Svan sind sie einfach schnell vorne.” 

Und wie stark schätzen Sie wiederum die Abwehr der Flensburger ein? 
Schwalb: “Wir wissen, dass sie über eine sehr aggressive 6-0 Deckung verfügen, die teilweise auch mannbezogen agiert. Sie versuchen, den Gegner in Zweikämpfe zu verwickeln. Wenn wir es schaffen, auch ohne Ball viel in Bewegung zu sein und mit Selbstvertrauen auf das Tor zu gehen, bin ich optimistisch, dass wir unsere Torchancen bekommen werden.” 

Sie treffen gleich dreimal auf Flensburg: Hat das Bundesligaspiel eine größere Bedeutung als die beiden Champions League Gruppenspiele daraufhin?
Schwalb: “Im ersten Moment könnte man das denken. Aber ich glaube, das wäre ein großer Fehler. Die Belohnung dafür, die Champions League Gruppenphase auf Platz 1 abzuschließen, kann sehr groß sein. Als Gruppenzweiter oder -dritter hätten wir es vergangene Saison deutlich schwerer gehabt, in das Final 4 einzuziehen und die Champions League zu gewinnen.”

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Martin SchwalbFoto: Eibner-Pressefoto

Werden Sie die Mannschaft alle drei Spiele mit der gleichen Taktik auf das Feld schicken oder versuchen Sie, für den Gegner gelegentlich eine Überraschung parat zu haben?
Schwalb: “Ein Trainer muss sich nach jedem Spiel hinterfragen, ob seine Maßnahmen funktioniert haben. Das mache ich nach dem ersten und zweiten Flensburg-Spiel noch intensiver, weil das Videomaterial einfach aktueller ist. Kleine Änderungen gibt es also immer. Aber große Überraschungen sind nicht möglich. Wir können nicht anfangen, plötzlich ganz anders zu decken. Dafür ist der Handball zu schnell, dafür sind die gegnerischen Spieler zu gut ausgebildet.” 

In der vergangenen Saison trafen Sie sogar siebenmal auf Flensburg-Handewitt. Sie und die Spieler kennen den Gegner also gut. Ist die Vorbereitung dadurch ein wenig anders? 
Schwalb: “Natürlich kann man dadurch noch mehr ins Detail gehen. Ich muss unseren Spielern den Gegner nicht komplett neu vorstellen. Wobei man nicht vergessen darf, dass wir viele neue Spieler haben. Also es gibt auch Leute in unserer Mannschaft, die noch nie gegen Flensburg gespielt haben. Bei denen ist die Situation natürlich wieder anders. Überhaupt wird in den Bewertungen meiner Meinung nach zu häufig vergessen, dass wir praktisch eine ganz neue Mannschaft haben.” 

Wie genau meinen Sie das? 
Schwalb: “Beim THW Kiel wird zum Beispiel jeder schlechte Angriff damit entschuldigt, dass sie vier Spieler verloren haben. Bei uns wird jeder schlechte Angriff sogar noch verstärkt, indem gesagt wird, dass wir doch so viele Spieler hätten. Dabei haben wir doch auch ein paar neue Jungs, die sich erst einmal an unser System gewöhnen müssen.” 

Der HSV wird also ungerecht behandelt? 
Schwalb: “Es gibt Mannschaften, die anders behandelt werden als wir. Vielleicht bin ich zu dünnhäutig. Aber ich habe das Gefühl, dass andere Mannschaften zum Beispiel in Kommentaren besser wegkommen. Ein Beispiel: Wäre Flensburg nach Minuspunkten Tabellenzweiter, wären alle begeistert. Bei uns wird das nun kaum erwähnt. Das heißt es eher noch: Das müssen die ja auch, die Deppen! Ich will jetzt keine Kritik üben. Aber das tut mir manchmal wirklich weh, weil ich viel Herzblut reinstecke. So eine unsympathische Dreckstruppe sind wir ja nun auch nicht.” 

Autor: Handball.de
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