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Interview mit Holger Glandorf: "Eine EM ohne Deutschland wäre fatal"

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Holger GlandorfFoto: Eibner-Pressefoto
12.06.2013 - 10:43 Uhr

Die beiden entscheidenden Qualifikationsspiele für die Europameisterschaft in Dänemark stehen bevor. Die DHB-Auswahl benötigt gegen Montenegro (Mittwoch, 12. Juni, 20 Uhr, in Podgorica) und Israel (Samstag, 15. Juni, 14 Uhr, in Aschaffenburg) zwei Siege, um sicher bei der EM dabei zu sein. Handball.de Mitarbeiter Oliver Jensen sprach mit Nationalmannschaftsrückkehrer Holger Glandorf (30) über die bevorstehende Aufgabe. 

Handball.de: Herr Glandorf, mit welchem Gefühl gehen Sie in die beiden entscheidenden Qualifikationsspiele? 
Glandorf: “Mit einem guten Gefühl. Wir haben eine schlagkräftige Truppe zusammen. Vor den beiden Gegnern sollte uns nicht Angst und Bange werden. Natürlich wissen wir um die Brisanz dieser Spiele. Ich bin mir aber sicher, dass wir diese positiv gestalten werden. Wir alle wollen unbedingt zur Europameisterschaft nach Dänemark.”

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Holger GlandorfFoto: Eibner-Pressefoto

Handball.de: Ist es überhaupt möglich, sich im Spiel von diesem wahnsinnigen Druck freizumachen? Immerhin steht viel auf dem Spiel. 
Glandorf: “Im Spiel ist das kein Problem. Ein bisschen Druck schadet nicht.” 

Handball.de: Welche Folgen hätte eine Europameisterschaft ohne die Deutsche Nationalmannschaft? 
Glandorf: “Die Europameisterschaft ist ein gutes Turnier, um die Sportart zu präsentieren. Das würde dem Deutschen Handball natürlich sehr fehlen. Die ansonsten so starke Medienpräsenz würde wegfallen. Das wäre fatal. Überhaupt ist Deutschland eine Mannschaft, die zur Europameisterschaft gehört.” 

Handball.de: Ist Tabellenführer Montenegro die Überraschungsmannschaft dieser Qualifikation? 
Glandorf: “Nicht unbedingt. Spieler vom Balkan sind handballerisch immer gut ausgebildet. Mit ihrer offensiven Abwehr sind sie sehr unangenehm zu spielen. Allgemein sind die Mannschaften heutzutage nicht mehr so weit auseinander. Siege einzufahren ist längst nicht mehr so einfach wie früher.” 

Handball.de: Die Niederlage im Hinspiel haben Sie vermutlich vor dem Fernseher verfolgt. Welche Erinnerungen haben Sie an das 27:31? 
Glandorf: “Keine guten Erinnerungen. Speziell die erste Halbzeit verlief nicht gut, es wurde viel verworfen. Bei der Weltmeisterschaft (29:21, Anm.d.Red.) haben wir das viel besser gemacht. Daran müssen wir anknüpfen.” 

Handball.de: Besteht die Gefahr, dass das zweite Spiel gegen Israel vor heimischen Publikum danach auf die leichte Schulter genommen wird? 
Glandorf: “Nein, wir müssen beide Spiele gewinnen und werden beide Spiele professionell angehen. Speziell zu Hause möchte jeder Spieler eine gute Partie abliefern.” 

Handball.de: Bei den beiden Testspielen gegen Slowenien, in denen sie nach 13 Monaten Zwangspause ihr Comeback gaben, sagte Bundestrainer Martin Heuberger, sie hätten ihre Sache gut gemacht, bräuchten aber noch etwas Zeit für die Integration. Stimmen Sie Ihrem Trainer zu? Glandorf: “In der Abwehr und auch bei den Spielzügen ist das kein Problem gewesen. Aber sicherlich haben die Laufwege noch nicht immer 100-prozentig gepasst. Mal war ich etwas zu früh, mal war ich etwas zu spät dran. Diese Feinabstimmung kommt erst mit den weiteren Spielen und Trainingseinheiten. Der Lehrgang war dafür einfach zu kurz. Aber ich werde auch in den nächsten Tagen wieder ein Schritt nach vorne machen. Von daher sehe ich kein Problem.”

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Holger GlandorfFoto: Eibner-Pressefoto

Handball.de: Viele Spieler wie Johannes Bitter, Pascal Hens und Christian Sprenger haben sich dafür entschieden, aufgrund der hohen Belastung nicht mehr für die Nationalmannschaft zu spielen. Sie sind nun auch 30 Jahre alt. Kam Ihnen bereits ein Rücktritt in den Sinn? 
Glandorf: “Nein. Ich habe mir zuletzt aus gesundheitlichen Gründen eine kleine Pause gegönnt. Das ist die richtige Entscheidung gewesen. Natürlich ist die Belastung sehr hoch. Mit Flensburg kamen wir dieses Jahr auf 50 Pflichtspiele.” 

Handball.de: Ist diese Belastung als 30-Jähriger mehr zu spüren als mit 25 Jahren? 
Glandorf: “Natürlich. Nach einem harten Spiel tun die Knochen deutlich mehr weh als früher. Die lange Karriere ist auch an mir nicht spurlos vorbeigegangen. Als 30-Jähriger ist es wichtig, noch professioneller mit dem eigenen Körper umzugehen, auf die Signale zu hören und sich von den Physiotherapeuten pflegen zu lassen.” 

Handball.de: Finden Sie es bedauerlich, dass die angesprochenen Leistungsträger von der Nationalmannschaft zurückgetreten sind? 
Glandorf: “Wir sollten nicht den zurückgetretenen Spielern hinterher trauern. Die jungen Spieler machen doch einen guten Job. Speziell im Tor sind wir gut besetzt. Auch auf den übrigen Positionen drängen viele junge Spieler nach. Es ist gut, wenn die ihre Chance bekommen. Auch ich habe damals davon profitiert, dass ein Volker Zerbe zurückgetreten ist.” 

Handball.de: Sie sprachen eben Ihre Pause bei der Nationalmannschaft an. Fanden Sie es bedauerlich, dass Ihnen der Verzicht auf die Weltmeisterschaft so viel Kritik eingebracht hat? Eine Schlagzeile der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lautete “Kein Feuer für die WM?” 
Glandorf: “Wie gesagt: Das waren gesundheitliche Gründe. Eigentlich wollte ich diese gar nicht öffentlich machen. Schließlich ist es meine Sache, wie es meinem Körper geht. Ich habe es nur öffentlich kund getan, weil ich diese Kritik nicht akzeptieren konnte.” 

Handball.de: Ihre Fuß-Verletzung war tatsächlich sehr ernst. Haben Sie damals darüber nachgedacht, wie Ihr Leben ohne Handball aussehen könnte? 
Glandorf: “Im Krankenhaus hat man natürlich viel Zeit, darüber nachzudenken. Zumal sogar eine Fußamputation drohte. Wichtig ist natürlich, dass man eine Ausbildung oder ein Studium in der Hinterhand hat (Glandorf ist gelernter Speditionskaufmann, Anm.d.Red.). Aber nun bin ich einfach froh, wieder spielen zu können.” 

Autor: Oliver Jensen
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