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Interview mit Andy Schmid

Der Kapitän der Schweizer Nationalmannschaft blickt nach dem Aus in der WM-Qualifikation nochmal zurück und gleichzeitig auch schon wieder voraus.

Andy Schmid beim Spiel gegen ItalienZoom
Andy Schmid beim Spiel gegen ItalienFoto: Schweizerischer Handball-Verband
24.02.2012 - 11:47 Uhr

Nach dem bitteren Ausscheiden in der WM-Vorqualifikation gegen Litauen prasselte viel Kritik auf die Schweizer Nationalmannschaft ein. Vor allem im Heimspiel in Schaffhausen konnte die SHV-Auswahl die Erwartungen nicht erfüllen. Nun, mit etwas mehr als einem Monat Abstand, schaut Captain Andy Schmid (28) noch einmal auf die Spiele zurück – und richtet seinen Blick gleichzeitig schon wieder nach vorne und spricht über seinen Glauben an das Team und seine persönliche Motivation.
    
Andy Schmid, mittlerweile ist ein Monat vergangen seit dem knappen Aus in der WM-Qualifikation gegen Litauen. Wie denkst du über die beiden Spiele nun mit etwas Distanz?
Ich bin immer noch sehr darüber enttäuscht, dass wir es im Heimspiel nicht geschafft haben, den Sack zuzumachen. Vor allem, nachdem uns Italien mit dem überraschenden Punktgewinn gegen Litauen sogar noch geholfen hat. In Vilnius hing es dann an einem seidenen Faden. Es ist natürlich schade, dass es  am Ende derart knapp nicht gereicht hat. Aber unsere grosse Chance haben wir in Schaffhausen vergeben.

Offensichtlich tritt die Schweizer Nationalmannschaft zurzeit etwas auf der Stelle.
Im Moment sind wir einfach eine der Nationen, die den Anschluss suchen. Etwas salopp gesagt sind wir im Sumpf jener zahlreichen Teams, die unbedingt wieder nach vorne wollen. Dazu zählen zum Beispiel Rumänien, Griechenland, Holland oder eben auch Litauen. Alle diese Nationalmannschaften verfügen über Qualitäten, und es ist für uns derzeit schwierig, zu bestehen. Die öffentliche Wahrnehmung ist aber eine andere. Ich habe darum Mühe damit, wenn nach unserer Niederlage gegen Holland am Yellow Cup von einer Blamage gesprochen wird. Vergleicht man nämlich derzeit die beiden Teams, so haben die Holländer deutlich mehr Ausland-Profis als wir im Kader. Und sie stehen nun im Gegensatz zu uns in den WM-Playoffs. Das kommt also nicht von ungefähr.

Immer wieder war und ist die Aussage zu hören, dass die Nationalmannschaft im Umbruch sei. Sind da die immer noch hohen Erwartungen der Öffentlichkeit nicht etwas problematisch?
Nein, die Erwartungen sind im Grundsatz schon wichtig. Die habe ich natürlich auch. Ich spiele ja auch nicht nur aus Spass in der Nationalmannschaft. Ich will spüren, dass wir vorwärts kommen.

Dem Schweizer Nachwuchs wird attestiert, international den höchsten Ansprüchen zu genügen. Was braucht es, damit diese Qualität in den nächsten zwei, drei Jahren nicht verloren geht?
Es ist vor allem gefährlich zu sagen, dass es nur Zeit braucht – es geht nämlich nicht von selbst. Da muss nun eine kontinuierliche Entwicklung folgen. Es ist klar, dass die Jungen nun stetig nachrücken müssen, aber das dauert schon ein wenig. Der Schritt zum Leistungsträger in der Nationalmannschaft wird oft masslos unterschätzt. Gerade in diesem Alter passiert noch so viel, was die persönliche und körperliche Entwicklung angeht. Wichtig ist darum, dass es bei uns die richtigen Rahmenbedingungen gibt, und dass die jungen Spieler bereit sind, bedingungslos auf die Karte Handball zu setzen. Ich befürworte auch, dass es unsere Hoffnungsträger möglichst bald im Ausland versuchen. Dort werden sie deutlich stärker gefordert als in der Schweiz. 

Zuletzt wurde von gewissen Medien gefordert, einen radikalen Schnitt zu machen, die Routiniers auszusortieren und der Jugend das Ruder zu überlassen. Wie gehst du mit solchen Aussagen um?
Kritik gehört in diesem Business dazu, damit kann ich leben und das kann ich problemlos akzeptieren. Dass Manuel (Liniger, Red.) und ich als Bundesliga-Profis dabei mehr als andere im Fokus stehen, ist auch klar – damit rechne ich sogar. Aber wenn Leute, die zwei-, dreimal pro Jahr ein Handballspiel sehen, solche Aussagen machen und den Schweizer Handball von weit weg neu erfinden wollen, dann finde ich das sehr fragwürdig. Nur so viel: Ich habe noch nie eine Nationalmannschaft gesehen, die nur aus einem einzigen Jahrgang besteht.

Der Kapitän der Schweizer Nationalmannschaft: Andy SchmidZoom
Der Kapitän der Schweizer Nationalmannschaft: Andy SchmidFoto: Schweizerischer Handball-Verband

Du hast dich bei den Rhein Neckar Löwen in der Bundesliga nach einem schwierigen ersten Jahr beeindruckend zurückgemeldet und bist zu einem wichtigen Bestandteil des Teams geworden. Wie gross ist die Genugtuung darüber?
Genugtuung ist vielleicht das falsche Wort. Das erste Jahr in Mannheim war wirklich schwierig, da hatte ich zu kämpfen. In der laufenden Saison ist aber alles anders. Ich habe den Tritt gefunden, und weiss worum es geht. Extrem wichtig ist auch, dass ich das Vertrauen des Trainers gewonnen habe. Ich komme viel zum Spielen, und es läuft mir derzeit sehr gut. 

Realistisch gesehen wird sich die Schweizer Nationalmannschaft in den nächsten zwei, drei Jahren kaum für ein grosses Turnier qualifizieren – die Entwicklung des Teams steht im Vordergrund. Wie gross ist deine Motivation, bei diesem erneuten Aufbauprozess dabei zu sein?
Meine Motivation ist sehr gross. Ich will nicht aus der Schweizer Nationalmannschaft raus, bevor ich einmal an einem grossen Turnier teilgenommen habe. An der Heim-EM 2006 habe ich zwar gespielt, aber damals kriegten wir die Qualifikation geschenkt. Ich glaube nach wie vor an unsere Mannschaft. Und ich glaube vor allem auch daran, dass das Potenzial vorhanden ist, um in den nächsten zwei, drei Jahren ein Team zu bilden, das in der Lage ist, es wieder aus eigener Kraft zu schaffen. 

Wie lange dürfen sich die Schweizer Handball-Fans noch über Andy Schmid im Trikot der Nationalmannschaft freuen?
Ich hoffe, dass es noch mehrere Jahre sein werden. Wie gesagt: Ich bin nach wie vor voll motiviert und will mit dieser Mannschaft Erfolg haben. Ausserdem bin ich nun 28 Jahre alt, und man sagt, das optimale Handball-Alter liege zwischen 27 und 32 – das hat auch die vergangene EM wieder gezeigt. Ich würde mir einfach wünschen, dass wir in zwei, drei Jahren wieder realistische Aussichten haben, um international etwas zu erreichen. Dafür müssen wir aber von nun an alle am gleichen Strick ziehen und den Plan, den wir uns vorgenommen haben, bedingungslos in die Tat umsetzen.

Quelle: Schweizerischer Handball-Verband
Autor: Handball.de
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