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Heiner Brand: “Ich sehe im Nachwuchs eine positive Entwicklung”

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Heiner BrandFoto: Eibner-Pressefoto
17.01.2013 - 11:47 Uhr

Als Manager beim Deutschen Handballbund (DHB) zählt die Nachwuchsförderung zu den wichtigsten Aufgaben von Heiner Brand. Im zweiten Teil des Handball.de-Interviews (Link zum ersten Teil) spricht der 60-Jährige darüber, woran es im deutschen Handball mangelt und was die Handballer von den Fußballern lernen können. 

Handball.de: Deutschland ist stolz darauf, die vermutlich stärkste Handball-Liga der Welt zu haben. Ist die hohe Qualität für junge deutsche Spieler jedoch ein Fluch, weil sie nur wenig Spielpraxis bekommen? 
Brand: “Im Bezug auf die Spielzeiten ist das sicherlich ein Nachteil. Aber es geht nicht nur um die Spielzeiten, sondern auch um die Weiterentwicklung der Spieler. Wir haben in den letzten Jahren nachweislich gut ausgebildete Nachwuchsspieler gehabt. Leider wurde mit diesen Talenten nicht gut weitergearbeitet. Das individuelle Training, das langsame Heranführen an ein höheres Trainingsniveau mit internationalen Top-Spielern - all das hat nicht ausreichend stattgefunden. Andere Länder haben das besser gemacht und uns überholt.” 

Handball.de: Was müssen die Vereine besser machen? 
Brand: “Wir müssen gemeinsam das Problem der Anschlussförderung in den Griff bekommen. Fakt ist, dass wir auch jetzt sehr gute Nachwuchsspieler haben. Nur müssen die endlich besser gefördert werden. Wir vom Deutschen Handballbund können im Rahmen der Eliteförderung (Sportförderung, Anm.d.Red.) dazu beitragen. Aber auch die Bundesligisten stehen in der Pflicht. Ein Junioren-Nationalspieler ist im Regelfall noch kein völlig ausgereifter Bundesligaspieler. Mit so einem Rohdiamanten muss intensiv gearbeitet werden. Die Vergangenheit hat gezeigt: Wenn ein junger Spieler daraufhin eine Chance auf Einsätze in der Bundesliga bekommt, nutzt er diese meistens auch.” 

Handball.de: Der erfolgreichste deutschen Fußballverein, der FC Bayern München, bringt in seiner Nachwuchsabteilung ständig neue Nationalspieler hervor. Dem erfolgreichsten deutschen Handballverein, dem THW Kiel, gelingt das nicht. Welche Gründe sehen Sie dafür, dass die Spitzenvereine in der Nachwuchsarbeit nicht erfolgreich sind? 
Brand: “In den vergangenen Jahren haben sich die Vereine nur für das Abschneiden der Profimannschaft interessiert. Manche Bundesligisten verzichteten auf eine eigene Jugendabteilung sogar ganz. Aber ich sehe eine positive Entwicklung: Durch die Einführung des Jugend-Zertifikats und der Einrichtung der Leistungszentren hat sich die Nachwuchsarbeit verbessert.” 

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Heiner BrandFoto: Eibner-Pressefoto

Handball.de: Im Fußball wurde seit dem schlechten Abschneiden bei der Europameisterschaft 2004 die Nachwuchsarbeit intensiviert. Seitdem bringt Deutschland ständig neue Topspieler hervor. Ist das in einigen Jahren auch im Handball zu erwarten? 
Brand: “Wir haben schon jetzt einige tolle Spieler, die ihren Weg gehen werden. Patrick Wiencek spielt bereits sein zweites Großturnier, auch Steffen Fäth hat eine richtig gute Entwicklung gemacht. Ohnehin waren wir in einer deutlich besseren Position als der Fußball. Die Fußballer waren Anfang des Jahrtausends im Nachwuchsbereich nicht gut aufgestellt. Im Handball hingegen sind wir im Nachwuchsbereich seit 2004 immer vorne dabei. Die Junioren- und Jugend-Nationalmannschaft waren stets erfolgreich." 

Handball.de: Was kann der deutsche Handball vom deutschen Fußball lernen? 
Brand: “Da muss ich wieder auf die Anschlussförderung zurückkommen. Das hat im Fußball einfach besser funktioniert. Ein Vorteil für junge deutsche Fußballer war sicherlich auch, dass einige Vereine aufgrund finanzieller Schwierigkeiten dazu gezwungen waren, junge Spieler einzusetzen. Das war zum Beispiel beim VfB Stuttgart in der Generation von Sami Khedira der Fall. Auch bei Borussia Dortmund waren finanzielle Engpässe der Grund dafür, dass auf junge Spieler gesetzt wurde.” 

Handball.de: Finanzielle Engpässe im Verein können für junge Spieler also ein Vorteil sein. 
Brand: “Natürlich hängt das auch von den Trainern ab. Dabei ist viel Mut erforderlich. Louis von Gaal hat zum Beispiel bei Bayern München jungen Spielern wie Thomas Müller und Holger Badstuber eine Chance gegeben. Auch Jürgen Klopp und Thomas Tuchel haben sich mutig gezeigt. Ich habe immer gehofft, dass das ein Vorbild für den deutschen Handball sein könnte.” 

Handball.de: Das ist allerdings nicht eingetroffen? 
Brand: “Leider nicht. Das hängt ohnehin nicht nur vom Trainer ab. Der steht unter ständigem Erfolgsdruck. Die gesamte Vereinsphilosophie muss darauf ausgerichtet sein, junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in die erste Mannschaft zu bringen.”


Hier geht's zum ersten Teil des Interviews mit Heiner Brand

Autor: Oliver Jensen
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