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Gudmundur Gudmundsson (Rhein-Neckar Löwen): "Immer bescheiden bleiben"

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Gudmundur Gudmundsson (Rhein-Neckar Löwen)Foto: Eibner-Pressefoto
06.11.2012 - 12:53 Uhr

Die Rhein-Neckar Löwen sind das Team der Stunde. Mit 18:0 Punkten führen sie die Tabelle an. Der Vater dieses Erfolges ist Trainer Gudmundur Gudmundsson. Trotz des Verjüngungsprozesses und der Budget-Reduzierung von 8 auf 6 Millionen Euro hat der 51-Jährige eine Spitzenmannschaft geformt. Spätestens der überragende Sieg gegen den SC Magdeburg (30:22) hat bewiesen: Die Mannheimer sind ein Titelkandidat. 

Gudmundur Gudmundsson, der von seinen Spielern meist „Gudmi“ genannt wird, möchte die Erwartungen senken. „Noch sind wir nicht in der Situation, über Titel zu sprechen“, sagt der Isländer im Gespräch mit Handball.de. „Unser kurzfristiges Ziel ist es, neue Spieler zu integrieren und eine neue Mannschaft aufzubauen. Wenn wir weiterhin gut trainieren und Kontinuität im Verein haben, könnte ein Titel innerhalb der nächsten drei Jahre möglich sein.“ Trotzdem: Ihm ist nicht entgangen, dass sich die Mannschaft charakterlich weiterentwickelt hat. Besonders nach dem Sieg gegen die SG Flensburg-Handewitt (30:27) zeigte er sich begeistert. Im Gegensatz zu früher knicke sein Team nicht mehr ein, wenn der Gegner ihr auf die Pelle rückt, erklärte Gudmundsson. „Jetzt zeigt die Mannschaft den Willen, über 60 Minuten ein gutes Spiel zu machen.“ 

Noch genügend Baustellen 

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Gudmundur Gudmundsson (Rhein-Neckar Löwen)Foto: Eibner-Pressefoto

Die Konkurrenz schaut voller Respekt auf die Löwen. Michael Kraus vom HSV, die die Löwen am 7. November empfangen, bezeichnete die Mannheimer bereits als den einzigen wahren Meisterschaftskonkurrenten des THW Kiel. „Es macht im Moment Spaß zu hören, was die Konkurrenten über uns sagen“, gibt Gudmundsson zu. Die gute Laune ist ihm anzusehen. Bei den Interviews nach Spielende lobt er oftmals jeden Spieler einzeln. Ohne zu vergessen, am Ende noch einmal auf die Baustellen seines Teams hinzuweisen. Man müsse cleverer spielen und sich vor allem in der Deckung steigern, sagt er immer wieder. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Also halten wir an unserer Bescheidenheit fest und denken von Spiel zu Spiel.“ Die einstigen Fehler, als die Löwen den Mund zu voll nahmen, gehören der Vergangenheit an. 

Spielertrainer mit 29 Jahren 

Gudmundur Gudmundsson lebt Handball. „Ich liebe diesen Sport. Es ist mein Hobby“, sagt er voller Leidenschaft. Bereits als Spieler legte er eine erstaunliche Karriere hin. 230 Länderspiele bestritt der Isländer, nahm dabei an den Olympischen Sommerspielen 1984 und 1988 teil. Mit 29 Jahren begann er seine Trainerlaufbahn beim Víkingur Reykjavík in Island. „Als unser Trainer sich verabschiedete, fragte mich der Vorstand, ob ich Spielertrainer sein möchte“, erinnert sich Gudmundsson. „Es war schwierig, gleichzeitig Spieler und Trainer zu sein. Aber ich habe damals viel gelernt.“ 

Sein Trainer-Vorbild war  der ehemalige isländische Nationaltrainer Bogdan Kowalczyk. "Er hat für den isländischen Handball viel geleistet, die Trainingsqualität verbessert und war ein großer Taktiker. Auch wenn ich ein anderer Trainertyp bin, hat er meine Karriere beeinflusst", erzählt er. Letztendlich fand Gudmundsson Gefallen an seiner Doppelfunktion. Auch bei seiner nächsten Station beim Afturelding Mosfellsbær war er Spielertrainer. Den deutschen Handballfans wurde er 1999 bekannt, als er das Traineramt bei Bayer Dormagen übernahm.  

Good Bye Nationalmannschaft 

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Gudmundur Gudmundsson (Rhein-Neckar Löwen)Foto: Eibner-Pressefoto

Gudmundur Gudmundsson feierte seine größten Erfolge als Trainer der isländischen Nationalmannschaft. Bereits 2004 führte er das Team zu den Olympischen Sommerspielen. Vier Jahre später in Peking gelang der große Coup: Die Isländer erreichten das Finale. Die Niederlage gegen die Franzosen konnte die Freude nicht schmälern. Zigtausend Fans in der Hauptstadt Reykjavik feierten ihre Helden frenetisch. „Für den Erfolg bekamen wir in Island einen Orden - eine große Ehre“, sagt Gudmundsson über den vielleicht schönsten Moment seines Lebens. Seitdem darf er sich als „Sir“ bezeichnen. 

Die Olympischen Sommerspiele in London liefen weniger erfolgreich. Island belegte zwar den ersten Platz in der Gruppe A, scheiterte aber im Viertelfinale an Ungarn. Gudmundsson hatte bereits zuvor angekündigt, nach Olympia von der Nationalmannschaft zurückzutreten. Nicht zuletzt die Spieler der Löwen hielten das für eine gute Entscheidung. „Insgesamt denke ich, ist es ein Vorteil, wenn ein Trainer sich voll auf den Verein konzentriert“, sagte Oliver Roggisch. „Überhaupt sollte es zum Standard werden, dass jemand nicht gleichzeitig eine Vereinsmannschaft und eine Nationalmannschaft trainiert. Es ist Wahnsinn, auf zwei Hochzeiten zu tanzen.“ Auch Gudmundur Gudmundsson fühlt sich erleichtert. „Die Doppelfunktion war zuletzt eine große Belastung“, gibt er zu. Nun hat er wieder genug Freizeit, um seinem größten Hobby neben dem Handball nachzugehen: Dem Fliegenfischen. „Dabei kann ich am besten entspannen.“

Autor: Oliver Jensen
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