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Exklusiv-Interview mit Anja Althaus nach der Frauen-WM: “Ich könnte mir selbst in den Arsch treten”

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Anja AlthausFoto: Eibner-Pressefoto
23.12.2013 - 17:01 Uhr

Die Deutsche Nationalmannschaft hat mit dem siebten Platz eine ordentliche Weltmeisterschaft gespielt. Nach fünf Siegen in der Vorrunde belegte die DHB-Auswahl den ersten Platz in der Gruppe D, besiegte danach im Achtelfinale souverän Angola. Erst die knappe Niederlage gegen Dänemark im Viertelfinale bedeutete das Turnieraus. Kreisläuferin Anja Althaus (31) spricht im exklusiven HANDBALL.DE-Interview mit Mitarbeiter Oliver Jensen über die Erkenntnisse aus der WM, über die Unterstützung der neuen DHB-Führung und über ihre eigene Zukunft.

HANDBALL.DE: Frau Althaus, überwiegt bereits die Freude über ein gelungenes Turnier oder noch die Enttäuschung über das Viertelfinal-Ausscheiden gegen Dänemark? 
Anja Althaus: “Beides. Ich bin im Großen und Ganzen zufrieden mit unserer Leistung. Wir haben unser Ziel, dass wir uns als Mannschaft weiterentwickeln, erfüllt. Wir haben eine gute Mannschaft, erst Recht wenn die Verletzten und Schwangeren wieder zurückkehren und junge Leute nachrücken. Bitter ist nur, dass wir uns im Spiel gegen Dänemark praktisch selber geschlagen haben.” 

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Anja AlthausFoto: Eibner-Pressefoto

 

HANDBALL.DE: Was genau hat denn gegen Dänemark gefehlt? Der Bundestrainer Heine Jensen sagte, dass die Abwehr nicht auf dem Niveau der vorherigen Spiele war und der Mut gefehlt hätte.
Anja Althaus: “Wir waren sicherlich nicht so präsent wie in den Spielen davor. Die Chancenauswertung war nicht gut genug, die Fehlerquote einfach zu hoch. Die Dänen haben das gnadenlos bestraft. Wir haben es einfach nicht geschafft, in unserer guten Phase den Sack zuzumachen und unser Spiel durchzudrücken.” 

HANDBALL.DE: Sie selbst haben neun Minuten vor Spielende freistehend die Chance auf einen Drei-Tore-Vorsprung vergeben. Wie lange hadern Sie mit so etwas?
Anja Althaus: “Ich habe eigentlich die letzten Jahren gelernt, mit so etwas besser umzugehen. Mit der vergebenen Chance gegen Dänemark hadere ich allerdings schon. Ich könnte mir dafür selber in den Arsch treten. Auch wenn mir niemand die Schuld gegeben hat.” 

HANDBALL.DE: Sie sagten, die Mannschaft habe sich weiterentwickelt. In welchen Punkten stellen Sie eine Verbesserung fest? 
Anja Althaus: “Wir waren fokussierter als bei den letzten Turnieren. Selbst wenn wir nur schwer in ein Spiel fanden, haben wir mit Ruhe und Konzentration weitergearbeitet. Früher haben wir oft gut begonnen, brachen aber in der zweiten Halbzeit ein. Nun werden wir mit der steigenden Spieldauer stärker. Das ist auf die mentale Stärke zurückzuführen. Außerdem haben sich unsere jungen Spielerinnen erneut weiterentwickelt.” 

HANDBALL.DE: Und was fehlt jetzt noch zur Weltspitze? 

Anja Althaus: “Wir stehen gut in der Abwehr und spielen im Angriff schönen Handball. Uns fehlen allerdings noch die schnellen abgezockten Tore. Ansonsten sind es nur Kleinigkeiten.”

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Anja AlthausFoto: Eibner-Pressefoto

HANDBALL.DE: Das Interesse an der Nationalmannschaft war groß. Bis zu 790.000 Deutsche haben im Fernsehen das Viertelfinale gegen Dänemark verfolgt. Stimmt Sie die Zahl optimistisch, dass es mit dem Frauen-Handball bergauf geht?
Anja Althaus: “Diese Zahl freut mich natürlich sehr. Umso schöner wäre es gewesen, noch weiter erfolgreich zu spielen. Trotzdem denke ich, dass wir guten Handball gezeigt haben und dass sich das herumsprach. Wir haben bewiesen, dass es viel Spaß machen kann, Frauen-Handball zu gucken. Das ist ein Sport mit ganz eigenen Finessen. Der Fokus lag sicherlich in diesem Jahr besonders auf uns, weil die Männer an der Europameisterschaft nicht teilnehmen werden. Meine Hoffnung ist, dass viele Zuschauer, die sich das im Fernsehen angeschaut haben, nun auch in die Hallen kommen.” 

HANDBALL.DE: Hängt das öffentliche Ansehen des Frauen-Handballs nur vom Erfolg ab oder geht es auch darum, dass die Nationalmannschaft interessante Persönlichkeiten hat, die sich gut vermarkten lassen? 
Anja Althaus: “Erfolg ist ein Grundelement. Und ganz ehrlich: Mehr verschiedene Charaktere als in unserer Mannschaft kann es kaum geben. Das Problem ist nur, dass viele Menschen uns noch gar nicht kennen. Es ist wichtig, dass die Medien eine gewisse Bereitschaft haben, über uns zu berichten. Ich bin der festen Überzeugung, dass uns die Öffentlichkeit kennenlernen möchte.” 

HANDBALL.DE: Die Weltmeisterschaft war das erste Großturnier mit der neuen DHB-Führung um Präsident Bernhard Bauer. Sie sollen von der Unterstützung sehr angetan gewesen sein. 
Anja Althaus: “Ich möchte der vorherigen DHB-Führung keinesfalls auf die Füße treten. Ich glaube nur, dass in den letzten Jahren viele Dinge eingeschlafen sind. Der damalige Präsident war zwar anwesend, nahm sich aber nicht ganz so viel Zeit für uns. Die kleinen persönlichen Gespräche kamen zu kurz. Bernhard Bauer und Bob Hanning waren viel bei uns, haben mit uns gemeinsam gegessen und uns beim Training besucht. Das Wir-Gefühl war stärker. Das hat in den letzten Jahren etwas gefehlt. Toll fand ich auch, dass Bernhard Bauer das Spiel gemeinsam mit den mitgereisten Fans verfolgt hat.” 

HANDBALL.DE: Mit ihren 31 Jahren waren Sie die älteste Spielerin im WM-Kader. Wie lange möchten Sie noch in der Nationalmannschaft spielen? 
Anja Althaus: “Diese Frage wird mir öfter gestellt. Noch habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht. Ich fühle mich fit und bin vom Kopf vermutlich noch eine der Jüngsten (lacht). Ohnehin ist mein Ehrgeiz noch viel zu groß für Rücktrittsgedanken. Die Olympischen Sommerspiele und die Weltmeisterschaft im eigenen Land 2017 würden mich jedenfalls noch reizen.”  

Autor: Oliver Jensen
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