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Uwe Gensheimer: “Die schwärzesten Wochen meiner Karriere”

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Uwe GensheimerFoto: Uwe Gensheimer
15.06.2014 - 14:38 Uhr

Handball-Deutschland steht unter Schock. Nach den beiden knappen Niederlagen gegen die polnische Nationalmannschaft wird die Weltmeisterschaft 2015 in Katar ohne die DHB-Auswahl stattfinden. Handball.de erreichte den deutschen Kapitän Uwe Gensheimer am Tage nach dem Quali-Rückspiel und ließ das Geschehene noch einmal Revue passieren. 

Handball.de: Herr Gensheimer, wie tief sitzt noch der Schock über die verpasste WM-Qualifikation? 
Gensheimer: “Der Schock sitzt tief. Wir waren überzeugt, dass wir das schaffen werden. Am Ende waren Kleinigkeiten entscheidend. Und das tut schon sehr weh.” 

Handball.de: Sprechen Sie mit den Kleinigkeiten die Schlussphase an, in der die deutsche Nationalmannschaft in Überzahl an Spiel hätte entscheiden können? 
Gensheimer: “Es wäre zu simpel, das Scheitern an dieser Situation festzumachen. Hin- und Rückspiel dauern 120 Minuten, in denen viele Kleinigkeiten entscheiden. Im Hinspiel sind wir an unserer mangelnden Wurfausbeute gescheitert. Im Rückspiel haben wir eigentlich, genau wie im Hinspiel, eine ansprechende Leistung gezeigt. Aber in den Sondersituationen, wie Über- und Unterzahl, sind uns Fehler unterlaufen. Hinzu kommt, dass Karol Bielecki…” 

Handball.de: … der für Polen sieben Tore erzielte… 
Gensheimer: “… aus unglaublich schwierigen Lagen traf. Diese kleinen Nadelstiche taten natürlich weh. Gerade wenn man es sich erarbeitet hat, in Überzahl zu kommen und trotzdem die Gegentreffer kassiert.” 

Handball.de: Welche Rolle spielte der Kopf? Gerade in der Schlussphase erschien der Angriff zu überhastet. 
Gensheimer: “Der Druck war für die Polen genauso vorhanden. Auch die haben einige Bälle weggeschmissen. Es mag richtig sein, dass wir teilweise ein wenig verkrampft waren. Aber wie gesagt: Wir haben in beiden Spielen gute Leistungen gezeigt. Kleinigkeiten haben entschieden. Polen ist sicherlich kein schlechter Gegner. Sie haben nicht ohne Grund bei der EM in Dänemark eine gute Rolle gespielt.” 

Handball.de: Die deutsche Nationalmannschaft hat die Olympischen Spiele 2012, die Europameisterschaft 2014 und nun auch noch die Weltmeisterschaft 2015 verpasst. Fehlt es vielleicht einfach an Qualität? 
Gensheimer: “Das hängt natürlich alles miteinander zusammen. Qualifiziert man sich einmal nicht für ein Großturnier, bekommt man in der nächsten Qualifikation gleich schwierigere Gegner zugelost. Es ist schwer, sich wieder hochzuarbeiten. Trotzdem haben wir gezeigt, dass wir Qualitäten haben. Die Entwicklung unserer Mannschaft war in den letzten Monaten gut. Ich bin mir sicher, dass wir bald wieder bei den Großturnieren dabei sind.” 

Handball.de: Welche Folgen könnte die verpasste WM für den deutschen Handballsport und auch die Bundesliga haben? 
Gensheimer: “Natürlich hat das Auswirkungen. Mehrere Statistiken haben bewiesen, dass die Reichweite bei den Großturnieren größer ist als in der Bundesliga. Bei Großturnieren wird ein großes Publikum erreicht, das eine allgemeine Sport-Affinität hat. Nicht nur das Publikum mit einer ohnehin schon ausgeprägten Handball-Affinität wie in der Bundesliga. Der Handball wird nun in der Öffentlichkeit weniger Präsenz haben. Die wirtschaftlichen Einbußen für den DHB und die Sportart dürften zu spüren sein.” 

Handball.de: Nun wird über die Zukunft des Trainers Martin Heuberger diskutiert, dessen Vertrag in wenigen Tagen ausläuft. Wie ist Ihre Meinung dazu? 
Gensheimer: “Ich glaube, ich spreche für die gesamte Mannschaft, wenn ich sage, dass wir von Martin auf Polen sehr gut vorbereitet wurden. Wir wussten genau, was auf uns zukommt. Aber wenn dann ein Gegenspieler kommt, der aus zwölf Metern trifft, ist das für eine 6:0 Abwehr schwer zu verhindern. Ich lasse kein schlechtes Wort auf Martin kommen.” 

Handball.de: Sie haben erst mit den Rhein-Neckar-Löwen die Meisterschaft denkbar knapp verpasst, nun sind Sie mit der deutschen Nationalmannschaft in der WM-Quali gescheitert. Sind das die schwärzesten Wochen Ihrer Karriere? 
Gensheimer: (überlegt) “Ja, das kann man so sagen. Natürlich haben wir in der Liga gut gespielt. Aber umso bitterer ist es, wenn es nicht ganz reicht. Die WM-Quali war praktisch das i-Tüpfelchen. Nun brauche ich erstmal Urlaub.” 

Autor: Oliver Jensen
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