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THW Kiel - Das Zebra im Findungsprozess

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THW Kiel - Das Zebra im FindungsprozessFoto: Eibner-Pressefoto
28.11.2013 - 13:23 Uhr

Bereits vor Saisonbeginn waren die Verantwortlichen des THW Kiel ungewohnt kleinlaut. “Wir werden nicht der große Titelaspirant sein”, stellte Manager Klaus Elwardt klar. Die Weggänge von Thierry Omeyer (37, Montpellier AHB), Kapitän Marcus Ahlm (35, Karriereende), Daniel Narcisse (33, Paris Saint-Germain HB) und Momir Ilic (31, MKB Veszprém) galten als kaum kompensierbar. 15 Saisonspiele später sind die hinterlassenen Lücken tatsächlich unübersehbar. 

Filip Jicha beim WurfZoom
Filip Jicha beim WurfFoto: Eibner-Pressefoto

Der THW Kiel ist zwar ein Meisteranwärter, nicht aber die Übermannschaft der vergangenen Jahre. Speziell die Niederlagen gegen den SC Magdeburg und die SG Flensburg-Handewitt haben das bewiesen. Einer der Hauptleittragenden ist Kapitän Filip Jicha (31), der die Verantwortung im Rückraum alleine trägt. Er leitet von der Mitte aus den Spielaufbau ein, er dirigiert den Angriff, er wirft die entscheidenden Tore. Seine Nebenleute Aron Palmarsson (23), Christian Zeitz (33) und Marko Vujin (28) sorgen nur unzureichend für Entlastung. Das war zu Zeiten eines Daniel Narcisse noch anders. „Ich genieße die viele Zeit auf dem Spielfeld. Ich habe auch in der Vergangenheit gerne Verantwortung übernommen. Es hat sich nicht viel verändert“, versucht Jicha das Thema herunterzuspielen. Trainer Alfred Gislason (54) dazu: „Filip Jicha spielt eine super wichtige Rolle, aber wir haben auch andere Spieler, die eine ähnliche Rolle einnehmen.“ 

Lauge Schmidt und Jallouz im Eingewöhnungsprozess 

Einer davon hätte Neuzugang Rasmus Lauge Schmidt (22) sein sollen. Der Neuzugang aus Dänemark sollte in die Rolle des Regisseurs hineinwachsen, sodass Jicha auf seiner Paradeposition im Rückraum links glänzen kann. Ein Anriss des hinteren Kreuzbandes im rechten Knie machte Anfang November einen Strich durch die Rechnung. Mit seiner Rückkehr ist Anfang des kommenden Jahres zu rechnen - und selbst dann ist er von einer Führungsrolle noch weit entfernt. Alfred Gislason erklärt: „Er ist immer noch ein neuer Spieler. Er bekam Anfang der Saison viele Spielanteile, weil Aron verletzt war. Aber er muss noch viel tun, um in die Mannschaft zu finden.“

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Andreas Palicka im Tor der KielerFoto: Eibner-Pressefoto

Ebenfalls eine Verstärkung für den Rückraum sollte der Tunesier Wael Jallouz sein. Die herausragende Sprung- und Wurfkraft machen den 22-Jährigen zu einem besonderen Spieler. Gewöhnt hat er sich an das hohe Niveau der Bundesliga allerdings noch längst nicht. “Er kommt aus einer ganz anderen Kultur”, weiß Gislason. “Es wird noch lange dauern, bis er in unser Spielsystem findet.” So wird die Verantwortung im Rückraum weiterhin auf Filip Jicha lasten - zumindest bis zur kommenden Saison, wenn mit Steffen Weinhold (27, Flensburg) und Domagoj Duvnjak (25, Hamburg) zwei absolute Top-Spieler nach Kiel stoßen. Aus einem Rückraum, der momentan “nur” einer der stärksten der Bundesliga ist, dürfte der vermutlich beste der Welt werden. Der Weggang von Zeitz, den es nach Ungarn zu Veszprem zieht, lässt sich dann verschmerzen. 

Unzufriedenheit mit den Torhütern 

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Alfred GislasonFoto: Eibner-Pressefoto

Ein gelungenes Beispiel dafür, wie sich ein Spieler an das hohe Niveau des THW Kiel gewöhnen kann, ist Kreisläufer Patrick Wiencek (24). Vergangene Saison wurde er als Backup für Marcus Ahlm verpflichtet, um das Spielsystem kennenzulernen. Nun übernimmt er bereits Verantwortung. Alfred Gislason zeigt sich mit dem deutschen Nationalspieler zufrieden: “Er ist vorne ein kompletter Spieler. Auch in unserer Abwehr hat er sich gut eingefunden. Es liegen Welten zwischen den Leistungen in der vergangenen Saison, als er überhastete Fouls beging und ohne System hinauslief.” Lobende Worte dieser Art hört man über die Torhüter eher selten. Andreas Palicka (27) und Neuzugang Johan Sjöstrand (26) bewegen sich nicht auf dem Niveau von dem schmerzlich vermissten Omeyer. “Unsere Torhüterleistung war nicht gut”, sagte Gislason nach der Flensburg Niederlage. Auch nach dem Heimsieg gegen Lübbecke war ihm im Bezug auf die Torwartleistung lediglich ein knappes “es ging” zu entlocken. Sjöstrand ist noch bis 2016 an Kiel gebunden. Der Vertrag von Palicka läuft zum Saisonende aus - allerdings haben beide Seiten eine Option für ein weiteres Jahr. Ein Wechsel auf der Torhüterposition zur neuen Saison erscheint also schwer machbar.

Vor einer kleinen Krise möchte beim THW Kiel niemand sprechen. Die “Zebras” sind zwar auf den zweiten Tabellenplatz abgerutscht, haben allerdings ein Spiel weniger absolviert als Tabellenführer Flensburg-Handewitt. “Hätte mir jemand vor der Saison gesagt, dass wir Ende November in der Tabelle ganz vorne stehen, hätte ich das nicht geglaubt. Wir sind voll im Soll”, sagt Jicha. Alfred Gislason ergänzt: “Wir spielen im 3-Tages-Rhythmus. Unsere Schlüsselspieler müssen mit dieser hohen Belastung erst einmal klar kommen. Wir haben nicht so einen Kader wie der HSV mit 18 oder 19 Top-Spielern.” Mit den Füchsen Berlin und dem HSV warten im Dezember zwei Top-Gegner auf den THW Kiel. Es werden entscheidende Duelle im Kampf um die Meisterschaft sein. 

Autor: Oliver Jensen
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