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Oliver Roggisch: “Ich habe früher zu hart gespielt”

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Oliver RoggischFoto: Pressefoto Eibner
26.09.2012 - 15:40 Uhr

Bei den Rhein-Neckar Löwen fand ein Umbruch statt. Mit einem Altersdurchschnitt von 25 Jahren haben die Mannheimer den jüngsten Kader seit dem Erstligaaufstieg 2005. Dem sportlichen Erfolg hat das nicht geschadet. Nach 5 Spielen haben die Löwen 10 Punkte auf dem Konto. 

Handball.de Mitarbeiter Oliver Jensen sprach mit Oliver Roggisch über den Saisonstart, Sparmaßnahmen in der Bundesliga und über sein Verhältnis zu den Schiedsrichtern. 

Handball.de: Herr Roggisch, ein perfekter Saisonstart mit fünf Siegen liegt hinter den Löwen. Ist das nur eine Momentaufnahme oder kann die Mannschaft tatsächlich ganz vorne mitmischen? 
Roggisch:
 “Natürlich war der Start gut. Damit war nicht zu rechnen. Schließlich hatten wir fünf Leute bei den Olympischen Spielen. Niemand wusste, wie schnell sie sich einspielen. Der Auswärtssieg in Göppingen war ein richtiges Ausrufezeichen. Auch der Sieg gegen die HSG Wetzlar war wichtig." 

Handball.de: Mit viel Kampf gelang letztendlich ein knapper Sieg mit zwei Toren. 
Roggisch:
 “Solche Spiele hätten wir letzte Saison vielleicht noch verloren. Trotzdem: Wir dürfen den Saisonstart nicht überbewerten. Wenn man erfolgreich ist, herrscht in jeder Mannschaft eine tolle Stimmung. Die Frage ist, wie die Stimmung nach einer Niederlage sein wird. Dann zeigt sich der wahre Charakter einer Mannschaft.” 

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Oliver RoggischFoto: Pressefoto Eibner

Handball.de: Ist der gute Saisonstart auch mit den etwas leichteren Gegnern zu begründen? Die großen Herausforderungen stehen erst noch bevor. 
Roggisch:
 “Nicht unbedingt. In den letzten Jahren haben wir besonders gegen die vermeintlich schwächeren Mannschaften Punkte gelassen. Und nebenbei gesagt: In Göppingen zu gewinnen ist alles andere als einfach.” 

Handball.de: Diesen Sommer fand ein richtiger Umbruch statt. Leistungsträger haben den Verein verlassen, junge Spieler sind hinzugekommen. Funktionieren die Automatismen bereits auf dem Spielfeld? 
Roggisch:
 “Zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison kann noch nicht alles perfekt sein. Aber ich sehe von Spiel zu Spiel Fortschritte. Besonders unsere Abwehr funktioniert ganz gut. Natürlich waren auch die Torhüterleistungen überragend - ob nun von Stojanovic oder Landin. Und auch vorne sehe ich noch viel Potential.” 

Handball.de: Sie haben in unseren 10-Fragen gesagt, dass Sie bis zum Karriereende einen Titel mit den Löwen gewinnen möchten. Ist das mit dieser jungen Mannschaft bereits möglich? 
Roggisch:
 “Zuerst gilt es für uns, begeisternden Handball zu zeigen und uns stetig zu verbessern. Dann sehen wir weiter.” 

Handball.de: Der THW Kiel hatte gegen Berlin den ersten Punktverlust zu beklagen. Wird der Kampf um Platz 1 nun spannender? 
Roggisch:
 “Das hofft die ganze Liga. Ich denke, die perfekte Saison des THW Kiel war einmalig. Trotzdem sind sie eine Top-Mannschaft. Sie haben die besten Einzelspieler, den besten Kader, eine tolle Halle. Alle Mannschaften wollen Kiel ärgern. Aber an ihnen führt kein Weg vorbei.” 

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Oliver RoggischFoto: Pressefoto Eibner

Handball.de: Ist es ein Vorteil, dass Ihr Trainer Gudmundur Gudmundsson nicht mehr Trainer der Isländischen Nationalmannschaft ist und sich voll auf die Löwen konzentrieren kann? 
Roggisch:
 “Zunächst einmal möchte ich sagen, dass die zurückliegende Vorbereitung mit Co-Trainer Tomas Svensson super lief. Insgesamt denke ich aber, ist es ein Vorteil, wenn ein Trainer sich voll auf den Verein konzentriert. Überhaupt sollte es zum Standard werden, dass jemand nicht gleichzeitig eine Vereinsmannschaft und eine Nationalmannschaft trainiert. Es ist Wahnsinn, auf zwei Hochzeiten zu tanzen.” 

Handball.de: Gibt es keine Momente, in denen ein Karol Bielecki oder Krzysztof Lijewski fehlen? 
Roggisch:
 "Ich glaube nicht, dass wir uns verschlechtert haben. Ein Kim Ekdahl du Rietz hat bei Olympia eine große Rolle in der Schwedischen Nationalmannschaft gespielt. Er ist ein physisch starker Spieler, der auch aus dem Rückraum werfen kann. Natürlich hatte ein Lijewski seine Qualitäten. Aber ein Alexander Petersson ist mit seinem Eins-gegen-Eins und in seinen Abwehrqualitäten mindestens auf dem gleichen Niveau. Auch im Tor haben wir uns verstärkt." 

Handball.de: Ob nun in Mannheim, in Hamburg oder in Flensburg - überall muss gespart werden. Haben sich die Bundesligisten übernommen? 
Roggisch:
 "Die Gehälter sind in den letzten Jahren nach oben geschossen. Es ist ganz normal, dass diese Entwicklung irgendwann stagniert oder man sogar einen Schritt zurückgeht. Man darf die Wirtschaftskrise nicht vergessen. Manchen Sponsoren geht es nicht mehr so gut wie früher. Am Sponsoring wird zuallererst gespart. Trotzdem haben wir weiterhin die stärkste Liga der Welt." 

Handball.de: Sie haben einmal gesagt, viele Schiedsrichter sehen nur den Roggisch, der hinten draufhaut. Werden Sie von den Unparteiischen besonders kritisch gesehen?
Roggisch: "In den letzten Jahren hatte ich tatsächlich das Gefühl, dass ein besonderes Auge auf mich geworfen wird. Besonders international: Vor einer Welt- oder Europameisterschaft gab es für die Schiedsrichter DVDs, um ihnen bestimmte Situationen zu verdeutlichen. Sehr häufig war ich auf diesen Filmen zu sehen. Da kommt man schon ins Grübeln, ob man fair bewertet wird. Aber in dieser Saison kann ich mich nicht beschweren. Sicherlich bin ich auch ruhiger geworden und beschwere mich weniger. Überhaupt habe ich mir Gedanken gemacht. Ich habe früher manchmal zu hart gespielt und meiner Mannschaft damit nicht weitergeholfen. Nun haben die Schiedsrichter und ich weniger Stress miteinander."

Autor: Oliver Jensen
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