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Martin Ziemer: Der Spätstarter

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Martin ZiemerFoto: Eibner-Pressefoto
08.08.2012 - 14:47 Uhr

Manche Karrieren nehmen ein wenig später ihren Lauf. Martin Ziemer gelangte erst vor zwei Jahren in die Bundesliga. Umso mehr sorgt er seitdem für Furore. 

“Einfach Wahnsinn”, sagt Martin Ziemer über den Verlauf seiner Karriere. Bereits in jungen Jahren träumte er von der Bundesliga. Ein Wunsch, der sich erst im Alter von 27 Jahren erfüllte. Andere Spieler haben zu diesem Zeitpunkt bereits zehn Jahre Erstklassigkeit hinter sich. Anpassungsschwierigkeiten hatte er trotzdem nicht. Nicht zum Saisonauftakt bei der HSG Ahlen-Hamm, ebenso wenig nach seinem Wechsel im Februar 2011 zu HBW Balingen-Weilstetten. Im Gegenteil: Gleich in seiner ersten Bundesligasaison schaffte er den Sprung in die Nationalmannschaft. “Es ist immer etwas ganz Besonderes für mich, wenn Martin Heuberger anruft und ich dabei sein darf”, sagt der 8-malige Nationalspieler, der seit diesem Sommer bei der TSV Hannover-Burgdorf unter Vertrag steht.

Alles dem Handball unterordnen 

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Martin ZiemerFoto: Eibner-Pressefoto

Martin Ziemer stammt aus einer sportbegeisterten Familie. Seine Mutter war Turnerin, sein Vater Fußballer. “Aus dieser Mischung entstand offensichtlich ein Handball-Torwart. Vielleicht wegen des Balls und der Akrobatik”, sagt der gebürtige Rostocker. “Im Tor kann man Spiele alleine entscheiden und hat viel Verantwortung. Das macht den Reiz aus.” 

Als 17-Jähriger hätte seine Karriere fast ein abruptes Ende genommen. Auf dem Spielfeld zog er sich bei einem Kopfstoß eine Augenverletzung zu. “Das zeigt einem, wie vergänglich die Dinge sind und wie froh ich sein muss, diesen Beruf auszuüben”, sagt Martin Ziemer, der seiner Karriere seitdem alles unterordnet. Sein Sport- und Philosophiestudium brach er 2006 ab. “Ich wollte alles tun, um in die Bundesliga zu kommen. Von der 2. Liga aus ist das schwieriger als wenn man bereits als Jugendspieler zu einem Bundesligisten gelangt.” Die Zeit neben dem Training nutzte er für die Arbeit mit einem Mental-Coach. “Viele trainieren auf einem guten Level. Also muss man nach weiteren Möglichkeiten für Entwicklungssprünge suchen”, lautet sein Grundsatz. 

Titelambitionen mit Hannover-Burgdorf? 

“Natürlich möchte ich in meiner Karriere gerne eines Tages Titel gewinnen”, antwortet Martin Ziemer auf die Frage nach seinen Zielen. Ob das mit der TSV Hannover-Burgdorf, dem Tabellen-13. der Vorsaison, möglich ist? “Ich glaube, dass in Hannover etwas wächst. Wer weiß, vielleicht können wir in fünf Jahren tatsächlich oben mitspielen”, sagt er. Allzu ambitioniert möchte er allerdings nicht planen: “Titel nimmt man sich nicht vor. Wenn man über einen längeren Zeitraum gut arbeitet und sich weiterentwickelt, ergibt sich alles von alleine” 

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Martin ZiemerFoto: Eibner-Pressefoto

Erst einmal denkt er an die nahe Zukunft. Sein Ziel: Schnellstmöglich den Klassenerhalt sichern und sich langfristig im einstelligen Tabellenbereich etablieren. “Ob das bereits diese Saison klappt, wissen wir nicht. Je nach Spielplan kann eine Saison sehr unterschiedlich laufen”, sagt er in seiner zurückhaltenden Art und Weise. 

Auch im Bezug auf die Nationalmannschaft äußert er sich vorsichtig. “Natürlich würde ich gerne eines Tages bei einem Großturnier dabei sein. Aber ich möchte so etwas nicht voraussagen. Wenn ich täglich gut arbeite und meine Leistung in der Bundesliga bringe, wird es sicherlich noch einige Spiele für die Nationalmannschaft geben”, erklärt er. “Die überwiegende Mehrzahl meiner Länderspiele sind mir schließlich gut gelungen”, fügt er lächelnd hinzu. 

Der “Calli” 

Martin Ziemer bekam viele Spitznamen verpasst. SPORT1 Kommentator Peter Kohl taufte ihn den “Hexer“, weil er im Spiel gegen THW Kiel mit unglaublichen Paraden glänzte. Weniger schmeichelhaft ist ein Spitzname aus seiner Zeit beim SC Magdeburg. “Man nannte mich Calli, in Anlehnung an Rainer Calmund”, gibt er lachend zu. “Der Spitzname stammt von Alfred Gislason. Ich wog damals ein paar Kilo mehr, war außerdem sehr fußballinteressiert. Rainer Calmund war naheliegend.” 

Die überschüssigen Pfunde, die aus einer Verletzungspause resultierten, sind längst verschwunden. “Auch wenn ich weiterhin auf gutes Essen nicht verzichten könnte”, wie er zugibt. Überhaupt ist Martin Ziemer ein redseliger Mensch. Er gehört nicht zu den Sportlern, die die Fragen der Journalisten schnell abtun. Stattdessen nimmt er sich Zeit und denkt über jede Antwort nach. Mit seiner geselligen Art, noch vielmehr aber mit seinen Qualitäten im Tor, dürften ihn die Hannoveraner schnell zu schätzen wissen.

Autor: Oliver Jensen
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