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Interview mit Christopher Nordmeyer (TSV Hannover-Burgdorf) vor dem Spiel gegen die Rhein-Neckar Löwen: “Saisonziele sind unseriös”

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Christopher NordmeyerFoto: Eibner-Pressefoto
24.09.2013 - 14:54 Uhr

Der Aufschwung vom TSV Hannover-Burgdorf scheint noch längst nicht abgeschlossen. Nachdem sich die “Recken” vergangene Saison überraschend für den EHF-Cup qualifizierten, sind sie auch in dieser Spielzeit gut aus den Startlöchern gekommen. Am Mittwochabend kommt es in Hannover zum Spitzenspiel gegen die Rhein-Neckar Löwen. Handball.de-Mitarbeiter Oliver Jensen sprach zuvor mit Trainer Christopher Nordmeyer. 

Handball.de: Herr Nordmeyer, in der vergangenen Saison galt Hannover-Burgdorf noch als Überraschungsmannschaft. Nun befindet sich Ihr Team nach sechs Spieltagen schon wieder auf Tabellenplatz vier. Wird daraus nun ein Dauerzustand?
Nordmeyer: 
“Wir werden von allen Seiten unter Druck gesetzt. Wir sollen unseren Erfolg bestätigen, Saisonvorhersagen treffen - das machen wir nicht mit. Wir spielen einfach so gut wie möglich. Die Entwicklung wird zeigen, ob wir dauerhaft so erfolgreich sein können. Ich bin davon überzeugt.”  

Handball.de: Was spricht gegen ein Saisonziel, das man öffentlich bekannt gibt?
Nordmeyer:
 “Wir können einfach nicht voraussehen, welchen Platz wir erreichen werden. Das hängt nicht zuletzt auch von den Gegnern und von möglichen Verletzungen ab. Das lässt sich überhaupt nicht voraussehen. Meiner Meinung nach ist es unseriös, ein Saisonziel auszugeben.”  

Handball.de: Aber es dürfte auch Ihnen darum gehen, die starke Form der vergangenen Saison über diese Spielzeit fortzusetzen.
Nordmeyer:
 “Viele Menschen sagen, wir müssten nun erst einmal beweisen, dass wir weiterhin so stark spielen. Aber ganz ehrlich: Darum geht es uns nicht. Wir haben letzte Saison bewiesen, dass wir gut waren. Natürlich wollen wir uns weiterentwickeln. Aber das ist kein Ziel für die Öffentlichkeit, sondern unser eigenes Bestreben.” 

Handball.de: Vom Etat hätte Ihre Mannschaft in der oberen Tabellenhälfte nicht viel zu suchen. Warum sind Sie trotzdem so stark?
Nordmeyer:
 “Ich denke, dass wir uns bei Neuzugängen wirklich viele Gedanken darüber machen, wer in unsere Mannschaft passt. Der Charakter und das Entwicklungspotential spielen eine große Rolle. Es geht nicht nur darum, wer gerade der beste Handballspieler ist.”  

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Christopher NordmeyerFoto: Eibner-Pressefoto

Handball.de: Kann die Mehrfachbelastung mit dem EHF-Cup eventuell zu einem Problem werden? 
Nordmeyer: “Das bleibt abzuwarten. Aber ich denke, dass unsere Mannschaft auch aufgrund der Umstellung im Trainingsprozess auf die Mehrfachbelastung vorbereitet ist. Wenn wir nicht allzu sehr vom Verletzungspech betroffen sind, sehe ich uns gut aufgestellt.” 

Handball.de: Sogar den Weggang von Top-Torjäger Morten Olsen scheint Ihre Mannschaft gut verdaut zu haben… 
Nordmeyer: “Morten Olsen ist ein hervorragender Individualist, der sehr viele Tore gemacht hat. In dieser Saison machen eben andere Spieler mehr Tore. Auch die Neuzugänge fangen das gut auf. Aus diesem Grund sind wir diese Saison nicht schlechter als in der vergangenen Spielzeit.” 

Handball.de: Vor der letzten Saison gab es sechs Neuzugänge, vor dieser Saison nur drei. Ist es ein Vorteil, weniger Spieler im Mannschaftsgefüge integrieren zu müssen?
Nordmeyer: “Das ist ein wichtiger Faktor. Wir hatten tatsächlich keinen weiteren Bedarf im Kader. Wobei es nicht ganz einfach ist, einen noch so jungen Spieler wie Borut Mackovsek zu integrieren, der erst drei Wochen vor Saisonbeginn zu uns stieß. Daher lassen wir uns für diese Aufgabe etwas mehr Zeit.” 

Handball.de: Die beiden übrigen Neuzugänge sind Torwart Nikolai Weber und Rückraumspieler Vasko Sevaljevic. Haben die beiden Ihre Erwartungen bislang erfüllt? 
Nordmeyer: “Ich stelle keine Erwartungen an einzelne Spieler, sondern an die ganze Mannschaften. In den ersten zwei Monaten haben wir unsere Ziele erreicht. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir in zwei Monaten noch viel besser zusammenspielen werden.” 

Handball.de: Bisher haben Sie lediglich gegen die SG Flensburg-Handewitt verloren. Am Mittwoch werden die Rhein-Neckar Löwen bei Ihnen zu Gast sein. Sehen Sie sich gegen die Top-Mannschaften noch als Außenseiter?
Nordmeyer: “In solchen Begegnungen sind wir immer der Außenseiter. Wir haben etwa fünf Millionen Euro weniger Etat als diese Mannschaften. Aber letztendlich geht es im Handball darum, in den richtigen Minuten besser zu sein. Das mag uns in manchen Spielen gelingen. Um aber einen Quantensprung zu schaffen und mit diesen Mannschaften auf Augenhöhe zu spielen, brauchen wir einen etwas längeren Anlauf.”

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Christopher NordmeyerFoto: Eibner-Pressefoto

Handball.de: Die Löwen haben in den letzten beiden Spielen nur Unentschieden gespielt. 
Nordmeyer: “Aber sie haben einen riesengroßen Kader, wo jede Position doppelt besetzt ist. Die letzten Ergebnisse der Löwen sind für uns weder ein Vor- noch ein Nachteil. Wir gehen mit guten Außenseiterchancen in das Spiel.” 

Handball.de: Die Liga scheint ausgeglichener als in den letzten Jahren zu sein. Wird es dadurch immer häufiger Überraschungsmannschaften geben? 
Nordmeyer: “Das hängt mit den jeweiligen Mannschaften zusammen. Beim Bergischen HC macht Trainer Sebastian Hinze einfach eine hervorragende Arbeit. So entstand der bisherige Erfolg. Ob sich das über Jahre fortsetzen lässt, weiß ich nicht. Allerdings fokussiert sich der europäische Markt immer mehr auf einige wenige europäische Mannschaften, vor allem jedoch auf die Bundesliga. Deutsche Mannschaften können bessere Spieler zu günstigeren Konditionen verpflichten. Das führt natürlich dazu, dass unsere Liga enger zusammenrückt.” 

Handball.de: Wie hat sich das Ansehen vom TSV Hannover-Burgdorf in der Stadt verändert? 
Nordmeyer: “Unser Zuschauerschnitt hat sich in den letzten zwei Jahren stetig verbessert (vergangene Saison 3.465, Anm.d.Red.). Nur wenn der Fußballverein Hannover 96 am gleichen Tag spielt, haben wir einen kleinen Einbruch. Unsere Fangemeinde und die Zuschauer nehmen unseren Erfolg jedenfalls wahr.” 

Handball.de: Berichten auch die Medien in Hannover nun mehr über Handball? Im Januar wurden sie von der regionalen Tageszeitung Neue Presse sogar zur Mannschaft des Jahres gewählt.
Nordmeyer: “Auf jeden Fall. Es wird anerkannt, dass wir im vergangenen Jahr eine außergewöhnliche Leistung erbracht haben. Die Medien nehmen unseren Aufschwung mit. Aber das hilft uns diese Spielzeit nicht mehr. Wir müssen uns das neu erarbeiten.” 

Autor: Oliver Jensen
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