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Exklusiv-Interview mit Sebastian Hinze (Bergischer HC): "Ich bin selber vom Saisonstart überrascht"

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Sebastian HinzeFoto: Eibner-Pressefoto
04.10.2013 - 11:58 Uhr

Der Bergische HC verblüfft die Bundesliga. Der Aufsteiger ist sensationell in die Saison gestartet. Mitverantwortlich dafür ist Trainer Sebastian Hinze. Der 34-Jährige kam 2006 als Spieler ins Bergische Land, im Mai 2012 übernahm er die Position des Cheftrainers. Im exklusiven Handball.de-Interview erzählt Hinze unter anderem, dass er keine Angst vor Verletzungspech oder dem Ausverkauf seiner Spieler hat. 

Handball.de: Nun mal ehrlich, Herr Hinze, sind Sie nicht selber von dem starken Saisonstart Ihrer Mannschaft überrascht?
Sebastian Hinze: “Etwas überraschend ist es natürlich auch für mich. Wir haben zwar schon vor der Saison gesagt, dass wir uns in jedem Bundesligaspiel eine Chance ausrechnen. Allerdings müssen wir dazu auch optimal spielen. Beim Sieg gegen den HSV (am 2. Spieltag, Anm.d.Red.) hat alles gepasst. Wir haben sehr diszipliniert gespielt, hinzu kam eine individuell starke Leistung.” 

Handball.de: Hat der Sieg gegen eine Spitzenmannschaft wie dem HSV vielleicht einen zusätzlichen Motivationsschub bewirkt? Ihre Spieler wissen seitdem, dass sie sich vor niemandem verstecken müssen.
Sebastian Hinze: “Natürlich. Am ersten Spieltag beim THW Kiel wurde uns vor Augen geführt, was passiert, wenn man undiszipliniert spielt und einige Minuten vor der Halbzeit seine Linie verlässt (Der BHC unterlag 24:34, Anm.d.Red.). Das haben wir nach dem Spiel angesprochen und gegen den HSV besser gemacht. Dieses Erfolgserlebnis gab uns einen Schub. Wir können uns jederzeit daran zurückerinnern, was wir tun müssen, um erfolgreich zu sein.” 

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Sebastian HinzeFoto: Eibner-Pressefoto

Handball.de: Müssen Sie das Umfeld darauf vorbereiten, dass es demnächst auch einmal Negativserien geben könnte? 
Sebastian Hinze: “Klar, wir müssen auf alles vorbereitet sein. Es ist noch ein harter Weg zum Klassenerhalt. Wichtig ist nur, dass wir niemals unseren Weg verlassen oder die Arbeit vernachlässigen. Wir sind eine Mannschaft, die ständig nach Verbesserungen strebt.” 

Handball.de: Wo sehen Sie das größte Verbesserungspotential?
Sebastian Hinze: “In allen Bereichen. Natürlich sind für unser Spiel eine gute Defensivleistung und ein diszipliniertes Angriffsverhalten Grundvoraussetzungen, um erfolgreich zu sein. Daran müssen wir immer wieder arbeiten.” 

Handball.de: Wie wichtig ist für Ihre Mannschaft ein Spieler wie Viktor Szilagyi, der bereits bei Spitzenvereinen wie dem THW Kiel gespielt hat und die jungen Mitspieler führen kann? 
Sebastian Hinze: “Er nimmt eine sehr wichtige Rolle ein. Er hat schon viel erlebt. Er lässt sich weder durch Erfolgserlebnisse noch durch Misserfolge aus der Ruhe bringen. Auch nach einem Sieg muss man in der nächsten Trainingseinheit wieder Vollgas geben. Glücklicherweise haben wir viele Spieler, die diesen Geist vorleben.”

Handball.de: Ist Ihre Mannschaft breit genug aufgestellt, um auch bei größerem Verletzungspech noch wettbewerbsfähig zu sein? 
Sebastian Hinze: “Ja, davon gehe ich aus. Einzelne, kleinere Verletzungen können wir sicherlich gut kompensieren. Nur bei einem absoluten Verletzungspech über einen längeren Zeitraum würden wir an Grenzen stoßen.” 

Handball.de: Sie haben vor der Saison gesagt, ein Abstieg sei kein Beinbruch. War das nicht eher ein Understatement? 
Sebastian Hinze: “Nein. Natürlich haben wir das Ziel, in der Liga zu bleiben und uns zu etablieren. Aber jeder Punktgewinn ist hart erkämpft. Und auch jetzt haben wir bis auf neun Punkte noch nichts erreicht. Zum Klassenerhalt reicht es noch längst nicht. Natürlich werden wir für den Saisonstart von allen Seiten viel gelobt. Ich freue mich aber mehr über das Lob, wenn wir unser Ziel erreicht haben.” 

Handball.de: Aber warum wird der Abstieg praktisch schon mit einkalkuliert? 
Sebastian Hinze: “So ist es nicht. Ich sage nur, dass ein Abstieg die Weiterentwicklung des Vereins nicht aufhalten würde. 

Handball.de: Überraschungsmannschaften haben meist das Problem, dass nach Saisonende finanzstärkere Vereine die besten Spieler wegschnappen. Befürchten Sie das auch beim Bergischen HC?
Sebastian Hinze: “Nein. Wir sind sehr homogen aufgestellt, planen immer langfristig. Mit einigen starken Spielern wie zum Beispiel Kristian Nippes und Maximilian Weiß haben wir die Verträge bereits bis 2016 verlängert.” 

Handball.de: Trotzdem werden andere Vereine Ihre Spieler mit attraktiven Verträgen locken. 

Sebastian Hinze: “Natürlich kann das passieren. Aber für uns geht es um die Gesamtentwicklung. Wir sind in der Breite so gut aufgestellt, dass wir Abgänge kompensieren können. Außerdem wissen unsere Spieler, was sie an dem Verein haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir auch die nächsten Jahre mit dem Großteil des Kaders zusammenarbeiten werden.”

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Sebastian HinzeFoto: Eibner-Pressefoto

Handball.de: Geschäftsführer Jörg Föste sagte gegenüber Handball.de, das Bergische Land sei ein schlafender Riese. Es gäbe mehr als eine Million Einwohner. Mit rund 36.000 Unternehmen, davon rund 200 Weltmarktführer, stecke in der Region eine enorme Wirtschaftskraft. Ist es mit diesem Background möglich, dass der BHC irgendwann zu den Spitzenvereinen der Bundesliga zählen wird? 
Sebastian Hinze: „So weit denke ich nicht voraus. Wie gesagt: Wir wollen den Klassenerhalt schaffen, uns in der Bundesliga etablieren und Stück für Stück wachsen. Wo das hinführt, kann ich Ihnen nicht sagen. Aber natürlich hat Handball in unserer Region eine große Tradition. Die Menschen stehen hinter uns. Von daher ist viel Potential vorhanden.“ 

Handball.de: Sie sprechen es selber an: Bei den Heimspielen waren die Hallen voll, zudem reisen oftmals mehrere hundert Fans mit zu den Auswärtsspielen. Wie nehmen Sie die Euphorie wahr?
Sebastian Hinze: “Die verschworene Fangemeinschaft hat sich bereits vergangene Saison in der 2. Liga gebildet. Wir wurden sensationell unterstützt. Das hat natürlich nun einen Höhepunkt gefunden. Es hat sich in den letzten zwei Jahren eine richtige Fankultur gebildet. Die Menschen haben einfach Spaß, zu unseren Spielen zu kommen.” 

Handball.de: War das im Jahre 2006, wo Sie als Spieler zum Bergischen HC kamen, noch nicht so?
Sebastian Hinze: “Die Hallen waren jedenfalls nicht so voll wie jetzt. In den ersten Jahren wurden wir eher noch beobachtet. Es hat etwas gedauert, bis die Grenze zwischen Solingen und Wuppertal aufgehoben wurde und sich eine gemeinsame Fankultur gebildet hat."

Handball.de: Mit der Klingenhalle Solingen und der Uni Halle Wuppertal haben Sie gleich zwei Heimstätte. Ist das ein Vor- oder Nachteil? 
Sebastian Hinze: „Für uns ist das Normalität. Seit 2006 trainieren und spielen wir in beiden Hallen. Wir möchten einfach in beiden Hallen eine Heimstärke aufbauen.“

 

Autor: Handball.de
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