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Exklusiv-Interview mit Heine Jensen vor der Frauen-WM: “In unserer Gruppe ist alles möglich”

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Heine JensenFoto: Eibner-Pressefoto
04.12.2013 - 15:05 Uhr

Für die Damen der Handball-Nationalmannschaft steht die Weltmeisterschaft in Serbien vor der Tür. Im exklusiven HANDBALL.DE Interview spricht Bundestrainer Heine Jensen (36) über Ziele, Favoriten und Verletzungen. 

HANDBALL.DE: Herr Jensen, was ist bei der Weltmeisterschaft für Deutschland möglich?
Jensen: “Es ist das Ziel, unsere Entwicklung weiter fortzusetzen. Das steht im Vordergrund. Wir haben einfach große Lust auf die Weltmeisterschaft. Natürlich gehen wir auf das Parkett, um die Handballspiele zu gewinnen. Aber das wird bei unseren Gegnern nicht anders sein.” 

HANDBALL.DE: Die K.O.-Phase dürfte trotzdem ein Minimalziel sein, oder?
Jensen:
 “So langweilig das auch klingen mag: Wir denken von Spiel zu Spiel. Damit haben wir die beste Erfahrung gemacht. Natürlich möchten wir in die K.O.-Runde kommen. Aber es macht überhaupt keinen Sinn, jetzt schon darüber nachzudenken. Erstmal müssen wir die Spiele in der Vorrunde gewinnen.”  

HANDBALL.DE: Dann sprechen wir über die Vorrunde. Sie treffen auf Australien (7. Dezember), Tschechien (9. Dezember), Rumänien (10. Dezember), Tunesien (12. Dezember) und Ungarn (13. Dezember). Wie stark sind diese Gegner einzuschätzen?
Jensen:
 “Die Gruppe ist sehr ausgeglichen. Auf dem Papier ist Australien wahrscheinlich die schwächste Mannschaft. Mit Tunesien haben wir dafür allerdings die absolut stärkste Mannschaft aus dem Lostopf 5 abbekommen. Die haben richtig gute Individualisten. Bei Rumänien, Tschechien, Ungarn und uns entscheidet vermutlich die Tagesform. In dieser Gruppe ist alles möglich." 

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Heine JensenFoto: Eibner-Pressefoto

HANDBALL.DE: Ist es ein Vorteil, gegen den vermeintlich leichtesten Gegner die Weltmeisterschaft zu beginnen?
Jensen: “Wir müssen gegen alle Nationen aus unserer Gruppe spielen. Die Reihenfolge spielt keine große Rolle."

HANDBALL.DE: Wer sind die Favoriten auf die Weltmeisterschaft?
Jensen: “Die üblichen Verdächtigen. Norwegen und Montenegro haben bei der letzten Europameisterschaft und bei den Olympischen Spielen das Finale bestritten (Norwegen wurde Olympiasieger, Montenegro Europameister, Anm.d.Red.). Also ist auch diesmal mit denen zu rechnen. Auch Frankreich hat eine sehr eingespielte Mannschaft. Brasilien und Dänemark sind ebenfalls spannende Mannschaften."

HANDBALL.DE: Mit Nadja Nadgornaja, Kim Naidzinavicius und Anne Hubinger meldeten sich zuletzt gleich drei Spielerinnen nach überstandenen Mittelhandbrüchen zurück. Wie weit sind diese Spielerinnen? 
Jensen: “Nadja und Kim haben bereits für ihre Vereine gespielt. Daher sehe ich deren Situation sehr positiv. Anne Hubinger fehlt die Spielpraxis noch ein wenig. Trotzdem sollte das bei ihr funktionieren. Schließlich war nicht die Wurfhand gebrochen.” 

HANDBALL.DE: Am Kreis musste Anja Althaus verletzungsbedingt pausieren. Anne Müller (Innenbandabriss) und Luisa Schulze (Nabelbruch) stehen ohnehin nicht zur Verfügung. Bereitet Ihnen diese Position Sorge? 
Jensen: “Natürlich wäre es schön, würden alle Spielerinnen zur Verfügung stehen. Die Ausfälle von Anne und Luisa sind sehr ärgerlich - besonders für die Spielerinnen selbst. Dafür haben wir nun Wiebke Kethorn mitgenommen. Zusammen mit Anja hat sie ihre Aufgabe bei den Spielen gegen Russland gut gelöst.” 

HANDBALL.DE: Haben die beiden starken Auftritte gegen Russland in der EM-Qualifikation Ihrer Mannschaft noch einmal richtig Selbstvertrauen gegeben?
Jensen: “Wir haben allgemein zuletzt gute Spiele abgeliefert. Natürlich wissen wir auch, wie hart wir dafür arbeiten mussten. Nur wenn wir alles reinwerfen, sind wir eine Mannschaft, die sich vor niemandem verstecken muss und schwer zu schlagen ist.” 

HANDBALL.DE: Bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr landete Deutschland auf Platz 7. Hat sich die Mannschaft seitdem weiterentwickelt? 
Jensen: “Auf jeden Fall. Und das ist auch unser Ziel. Wir arbeiten daran, eine Mannschaft auf die Beine zu stellen, die sich für Olympia 2016 qualifiziert und bei der Weltmeisterschaft 2017 im eigenen Land eine gute Rolle spielen kann.” 

Heine Jensen mit seinem TeamZoom
Heine Jensen mit seinem TeamFoto: Eibner-Pressefoto

HANDBALL.DE: In welchen Punkten genau hat sich die Mannschaft weiterentwickelt?
Jensen: “Unser Angriff ist stärker geworden. Wir haben im Oktober zwei vernünftige Spiele gegen Russland abgeliefert, bei denen wir ein Spiel gewonnen und eins leider mit einem Tor verloren haben. Auch unsere Abwehr stand stabil. Teilweise haben wir sogar eine 5:1 Abwehr gespielt. Es ist für unser Spiel sehr positiv, eine zweite Formation zu entwickeln.” 

HANDBALL.DE: Sie sprachen die Weltmeisterschaft 2017 im eigenen Land an. Haben Sie die Hoffnung, dass dieses Turnier in Deutschland einen kleinen Frauen-Handball-Boom auslösen wird? 
Jensen: “Das hoffen wir sehr. Für alle, die an diesem Turnier teilnehmen dürfen, wird das ein super Erlebnis. Es ist wichtig, viele Menschen für unseren Sport zu begeistern - besonders die Kinder. Denn je mehr Breite wir haben, desto stärker wird letztendlich die Spitze sein.” 

HANDBALL.DE: Mit Ausnahme von Clara Woltering und Laura Steinbach spielen alle Damen aus dem WM-Aufgebot in Deutschland. Ist unsere Liga stark genug, um die Nationalspielerinnen auf das hohe Niveau einer Weltmeisterschaft vorzubereiten?
Jensen: “Das denke ich schon. Leipzig und Thüringen marschieren in der Liga natürlich vorne weg. Ansonsten ist die Liga sehr ausgeglichen. Wir haben eine gute Qualität. Außerdem spielen die meisten mit ihren Vereinen ja auch international.” 

HANDBALL.DE: Was muss geschehen, damit aus Deutschland eines Tages ein Titelkandidat wird? 
Jensen: “Ich denke, wir sind bereits auf einem guten Weg. Die Mädels arbeiten knallhart im Training bei ihren Vereinen. Das wirkt sich auch auf die Qualität der Nationalmannschaft aus. Ich habe viel Respekt davor, was die Spielerinnen in ihrem Alltag leisten.” 

HANDBALL.DE: Die Männer haben sich nicht für die Europameisterschaft qualifiziert. Stehen die Frauen nun besonders unter Druck, die Ehre des Deutschen Handballbundes hochzuhalten? 
Jensen: “Ich weiß nicht, ob wir deswegen mehr unter Druck stehen. Aber ich denke eher nicht. Wir werden ohnehin alles tun, um Deutschland gut zu repräsentieren und ein gutes Turnier zu spielen. Dass die Männer sich nicht qualifiziert haben, ist für den deutschen Handball natürlich sehr ärgerlich.”

Autor: Oliver Jensen
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