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Exklusiv-Interview mit Bob Hanning (DHB-Vizepräsident Leistungssport): "Deutschland braucht einen Aufschwung"

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Bob HanningFoto: Oliver Jensen
17.10.2013 - 11:57 Uhr

Bob Hanning, seit dem Jahre 2005 der Manager der Füchse Berlin, hat als DHB-Vizepräsident Leistungssport eine neue Aufgabe hinzubekommen. Der 45-Jährige soll den deutschen Handball wieder zur Weltspitze führen. Mit HANDBALL.DE spricht Hanning über die Nachwuchsförderung, Verbesserungspotential in der 2. Liga und die Ziele mit der Nationalmannschaft. 

HANDBALL.DE: Herr Hanning, warum wollten Sie unbedingt das Amt beim Deutschen Handballbund antreten?
Bob Hanning: “Ich glaube, dass man in meinem Amt unsere Sportart weiterentwickeln kann. Ich freue mich, dass ich das Vertrauen der Mitglieder bekommen habe. Nun geht es darum, diese Themen umzusetzen. Natürlich können auch wir nicht über Wasser gehen. Wir sind auf eine intensive Zusammenarbeit mit den Nationalspielern angewiesen.” 

HANDBALL.DE: Welche Aufgaben wollen Sie zuerst angehen?
Bob Hanning: “Es sind natürlich mehrere Dinge zu bewegen. Wichtig ist es, einen gemeinsamen Leitfaden von ganz oben nach ganz unten zu finden und die Nationalspieler mitzunehmen.” 

HANDBALL.DE: Können Sie uns ein Beispiel nennen? 
Bob Hanning: “Es wird zum Beispiel ein Deutschland-Buch geben. Dieses soll eine einheitliche Spielphilosophie und einen einheitlichen Wertekodex vermitteln. Alle Nationalspieler und Nationalspielerinnen jeglicher Jahrgänge sollen dieses erhalten. Es wäre doch super, wenn ein U-Nationalspieler des Jahrgangs 1998 sein erstes Länderspiel macht und zum Beispiel von Uwe Gensheimer ein Buch überreicht bekommt, in dem Werte und Ziele drinstehen. Über viele kleine Dinge lassen sich Probleme lösen.” 

HANDBALL.DE: Also sollen die Nationalmannschaften näher zusammenrücken.
Bob Hanning: “Ich kann gerne ein Beispiel von meinen Füchsen Berlin bringen. Wir haben einen Massageraum, wo sich der Profi neben dem C-Jugendspieler behandeln lässt. Früher haben alle darüber gelacht. Mittlerweile ist es so, dass die Profimannschaft und die Jugendmannschaften vor und nach dem Training miteinander abklatschen.” 

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Bob HanningFoto: Eibner-Pressefoto

HANDBALL.DE: Die Mannschaften sind also eine Einheit geworden. Das größere Problem in der Bundesliga scheint allerdings zu sein, dass die Bundesligisten nicht auf den eigenen Nachwuchs setzen und lieber Spieler aus dem Ausland verpflichten. Im Eishockey und Basketball gibt es eine Quotenregelung. Warum nicht im Handball?
Bob Hanning: “Wir benötigen keine Quotenregelung, sondern gute Spieler. Gute Spieler setzen sich durch. Was wir aber brauchen, ist eine stärkere 2. Liga. Ich würde schätzen, dass in der 2. Liga rund 50 Prozent der deutschen jungen Spieler weniger als 1.000 Euro netto/Monat verdienen. Wir müssen denen eine bessere Perspektive bieten. Sie müssen sich in einer guten Liga weiterentwickeln können. Nur so schaffen sie den Sprung nach ganz oben. Die Liga hat mit den Leistungsstützpunkten bereits einiges getan. Wir kriegen also durchaus gute Jugendliche. Nun müssen wir dafür sorgen, dass sie spielen.” 

HANDBALL.DE: Und wie lässt sich das Niveau der 2. Liga anheben? 
Bob Hanning: “Indem die Handball-Bundesliga versucht, das Vermarktungskonzept der 2. Liga anders aufzusetzen.” 

HANDBALL.DE: Eine andere Überlegung, um dem Nachwuchs mehr Einsatzzeit zu bieten, ist die Zulassung eines 15. und 16. Spielers. 
Bob Hanning: “Das bringt uns nicht weiter. Irgendwann wären die Spieler Nummer 15 und 16 auch nicht mehr deutsch.” 

HANDBALL.DE: Zurück zur Nationalmannschaft. Sie haben das Ziel ausgegeben, man müsse im Jahre 2020 wieder ganz oben stehen. Die jüngere Vergangenheit der DHB-Auswahl, speziell die verpasste EM-Qualifikation, macht nicht gerade Mut. 
Bob Hanning: “Das ist natürlich inakzeptabel. Die letzten drei Jahre waren, wenn man einmal von der guten Platzierung bei der Weltmeisterschaft in Spanien absieht, nicht ausreichend. Wenn unsere Nationalmannschaft zweimal gegen Montenegro und das Auswärtsspiel in Tschechien verliert, sich sogar gegen Israel schwer tut, ist das nicht genug. Wir hoffen, dass wir nun die WM-Qualifikation erfolgreich gestalten. Das muss uns gelingen. Alles andere wäre ein Desaster und würde uns auch wirtschaftlich vor schwierige Aufgaben stellen.” 

HANDBALL.DE: Sind Sie der festen Überzeugung, dass die WM-Qualifikation gelingen wird?
Bob Hanning: “Natürlich brauchen wir auch das Quentchen Glück. Wir könnten in der Qualifikation auf Nationen wie Frankreich, Dänemark oder Spanien treffen."

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Bob HanningFoto: Oliver Jensen

HANDBALL.DE: Wie können Sie der Nationalmannschaft helfen? 
Bob Hanning: “Unsere Aufgabe ist es, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Nationalmannschaft muss ein High-End-Produkt sein. Ich bringe ein Beispiel: Wenn ein Nationalspieler wie Martin Ziemer zum Frühstück mit kurzen Hosen kommen muss, weil er die beiden langen Hosen für das Torwarttraining braucht, stimmt etwas nicht.” 

HANDBALL.DE: Im Mittelpunkt steht aber die sportliche Leistung. Fehlt es der Nationalmannschaft nicht einfach an Führungsspielern?
Bob Hanning: “Ich traue Michael Haaß auf der Mittelposition eine Führungsrolle beim DHB zu. Überhaupt gibt es genügend gute Spieler - zum Beispiel auch einen Uwe Gensheimer, Patrick Groetzki und Patrick Wiencek. Diese müssen mit in die Verantwortung genommen werden."

HANDBALL.DE: Der langjährige Nationalspieler Daniel Stephan hat sich in einem Interview mit der Sport Bild verwundert gezeigt, dass der Bundestrainer weitermachen darf, obwohl von drei Großturnieren zwei verpasst wurden. 
Bob Hanning: “Das ist seine persönliche Meinung. Manchmal muss man wohl Dinge sagen, um in den Medien stattzufinden. Wir tun die Dinge, die wir für richtig halten.” 

HANDBALL.DE: Planen Sie andere personelle Veränderungen beim DHB?
Bob Hanning: “Wolfgang Sommerfeld wird ab dem 1. Januar unser neuer Nachwuchskoordinator sein. Bisher war es so, dass jeder Nachwuchs-Nationaltrainer sein eigenes Ding gemacht hat. Sommerfeld wird eine Leitlinie vorgeben, die den Trainern eine Orientierungshilfe bietet.” 

HANDBALL.DE: Letzte Frage: Deutschland und Dänemark haben sich gemeinsam für die Ausrichtung der Weltmeisterschaft 2019 beworben. Warum machen das zwei Nationen, die auch alleine ein Turnier ausrichten könnten, zusammen? 
Bob Hanning: “Der dänische Verband ist auf uns zugekommen. Sie haben zweimal die WM nicht bekommen und haben sich versprochen, mit unserem Know-how größere Chancen zu haben. Und natürlich erhöhen sich auch für uns die Chancen auf eine Weltmeisterschaft. Deutschland braucht einen Aufschwung.” 

Autor: Handball.de
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