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DHB-Juniorinnen nach Siebenmeter-Drama im WM-Halbfinale

12.07.2016 - 20:32 Uhr

Nach einem schier unglaublichen Thriller greifen die deutschen Juniorinnen bei der U20-WM in Moskau nach den Medaillen. Durch ein 5:4 im finalen Siebenmeterwerfen (Endresultat 38:37) entthronte das Team des Trainergespanns Marielle/Bohm/Nico Kiener Titelverteidiger Südkorea am Donnerstagabend im Viertelfinale. Halbfinalgegner am Donnerstagabend (16.30 Uhr deutscher Zeit) ist Gastgeber Russland, der in seinem Viertelfinale gegen Norwegen mit dem 35:24-Sieg deutlich weniger Mühe hatte. Gespielt wird dann in der Dinamo-Halle.

Nach dem 2:1 hatte die deutsche Mannschaft gegen die Koreanerinnen in der regulären Spielzeit und den beiden Verlängerungen nur einmal - beim 33:32 nach 76 Minuten - in Führung gelegen. Im Siebenmeterwerfen trafen dann die jeweils vier ersten Werferinnen beider Seiten. Dann hielt Torfrau Madita Kohorst gegen Youjin Hur, bevor Paula Prior mit ihrem Strafwurftreffer für unbeschreiblichen Jubel bei den Deutschen sorgte. Nach 2008, als man Weltmeister wurde, und 2014 (Rang vier) ist es das dritte WM-Halbfinale einer deutschen U20 in acht Jahren. Die deutschen Juniorinnen waren taktisch sehr gut auf das schnelle koreanische Angriffsspiel eingestellt.

Mit einem schnellen Rückwärtsgang unterbanden sie die gefürchteten Gegenstöße des U20-WM-Titelverteidigers meist. Aber immer dann wenn Korea das Tempo erhöhen konnte, wurde es eng. So zogen die Asiatinnen durch drei beherzte Konter Mitte der ersten Hälfte auf 8:5 davon - obwohl DHB-Torfrau Kohorst zu diesem Zeitpunkt schon einige Würfe pariert hatte. Geschwächt wurde das Bohm-Team zudem durch die frühe Handverletzung von Kreisläuferin Annika Ingenpaß, die schon nach zehn Minuten durch Aylin Bok ersetzt werden musste. Aber dann zeigte eine Auszeit Wirkung.

Die Deutschen nutzten im Angriff ihre Größenvorteilen gegen den äußerst variablen koreanischen Abwehrverband, verkürzten von 6:10 auf 9:10 (21.), auch weil Kohorst nun den Laden dicht machte. Und als Rechtsaußen Amelie Berger mit einem sehenswerten Treffer sogar ausglich, war der anfängliche Lauf der Koreanerinnen gestoppt. Dennoch setzte sich der Titelverteidiger - auch dank eines Siebenmeters mit dem Halbzeitpfiff nach 30 Minuten wieder auf 16:14 ab. In Hälfte zwei kam Ingenpaß dann wieder zurück aufs Feld, dennoch hatte Korea erneut den besseren Start und setzte sich auf vier Tore ab.

Aber wer dachte, die Asiatinnen könnten für die Vorentscheidung sorgen hatte die Rechnung ohne die deutsche Abwehr und Torfrau Kohorst gemacht. Dank der tollen Defensive kam die DHB-Auswahl zu vielen Ballgewinnen, und beim 20:20 (43.) war alles wieder offen. Die DHB-Auswahl hatte trotz des harten Stücks Arbeit am Vortag im Achtelfinale gegen die Niederlande (28:27) noch die nötigen Reserven. Allerdings vergaben die Juniorinnen beim 22:22 mehrfach die durchaus mögliche Führung. Und so ging es mit einem 25:25 in die letzten vier Spielminuten. Die Dramatik nahm zu. 40 Sekunden vor dem Abpfiff nahm Bohm ihre letzte Auszeit beim Stand von 26:26.

Doch ihr Team verliert im Angriff den Ball. Auszeit Korea. Die Asiatinnen im Angriff, die deutsche Abwehr fängt den Ball ab, noch zehn Sekunden. Die DHB-Mädels leisten sich einen technischen Fehler, letzter Angriff Korea, Foul, direkter Freiwurf mit dem Schlusspfiff, Song tritt an - abgeblockt - Verlängerung! Erinnerungen wurden da schon wach an das U18-WM-Achtelfinale der deutschen Mannschaft vor zwei Jahren gegen Portugal, das nach zwei Verlängerungen erst im Siebenmeterwerfen entschieden wurde - und das Deutschland 40:39 gewann.

In der ersten Verlängerung ging das muntere Spielchen wie in der Schlussphase der regulären Spielzeit weiter: Korea legt vor, Deutschland gleicht aus. Beim 30:30 haben die Deutschen zweimal Ballbesitz - doch der Ball will einfach nicht ins Tor, auch nach 70 Minuten keine Entscheidung - die zweite Verlängerung muss her.

Und da ließ sich die DHB-Auswahl auch von einem Zwei-Tore-Rückstand nicht schocken, zur Pause war es erneut ausgeglichen beim 32:32. Nach 76 Minuten war es dann endlich so weit: Erstmals seit dem 2:1 führten die Deutschen wieder - 33:32! Und kurze Zeit später hätte Ramona Ruthenbeck schon zur Matchwinnerin werden können, doch die Leverkusenerin scheiterte mit einem Siebenmeter an der koreanischen Torfrau. Im Gegenzug gleichen die Asiatinnen zum 33:33 aus, 20 Sekunden vor dem Ende der zweiten Verlängerung verliert die DHB-Auswahl den Ball - aber dank einer Fußabwehr von Kohorst gelingt auch dem Titelverteidiger kein Treffer mehr - der finale Showdown im Siebenmeterwerfen musste entscheiden.

Und dann sicherten Kohorst und Prior ihrer Mannschaft den Einzug ins Halbfinale.

Die WM-Ergebnisse der deutschen U20-Juniorinnen:

Vorrunde: Deutschland - Ägypten 35:15 (20:9), Deutschland - Kasachstan 43:17 (20:9), Deutschland - Spanien 24:19 (14:9), Deutschland - Argentinien 28:17 (11:10), Deutschland - Rumänien 29:29 (13:18)

Achtelfinale: Deutschland - Niederlande 28:27 (14:12)

Stimmen zum WM-Viertelfinalsieg gegen Südkorea

Trainerin Marielle Bohm: So ein Sieg ist nur möglich, weil die Mannschaft zusammenhält, an sich glaubt und das Vertrauen zurückgibt. Das beste Beispiel heute war Nele Reimer, die die entscheidende Spielerin war. Alle haben immer an den Sieg geglaubt, wir sind immer wieder zurückgekommen und am Ende hatte die Mannschaft diesen Flow. Die Leistung heute war nur möglich, weil die Spielerinnen sehr auf ihre Aufgaben fokussiert sind und diese sehr ernst nehmen. Das - und die intensive Vorbereitung- gab ihnen die nötige Sicherheit. Die Spielerinnen haben die Ruhe bewahrt, so wie ich das noch nie erlebt hatte. 60 Minuten plus x stand schon bei uns in der Kabine, wir waren auf eine Verlängerung und solche Stresssituationen vorbereitet. Allerdings hätte es nicht bis zum Siebenmeterwerfen kommen müssen, wir hätten das Spiel vorher vier fünf Mal entscheiden können, doch am Ende sind wir für unsere Geduld belohnt worden. Wir hatten viele Probleme vor der EM, und ich denke, die wenigsten Gegner hatten uns das Halbfinale zugetraut. Aber wir wussten um unsere Stärken, haben uns entwickelt und stabilisiert. Gleichzeitig war es natürlich dieser ungeheure Teamspirit unter allen 16 Spielerinnen.

Nele Reimer: Die Trainer hatten mir gesagt: Nele, das kann dein Spiel werden! Ich konnte meine Schnelligkeit ausnutzen. In diesem Team ist es generell so, dass jede Spielerin ihre Einsatzzeiten nutzt. Wir alle haben das gleiche Ziel und jede haut sich rein. Natürlich hatte ich auch Glück gehabt, dass meine Würfe reingegangen sind. Wir hatten zweimal die Chance, die Partie in der Verlängerung zu entscheiden, aber im Siebenmeterwerfen war ich mir sicher, dass wir es schaffen, weil wir die bessere Torhüterin hatten. Natürlich habe ich auch an das WM-Achtelfinale gegen Portugal 2014 gedacht, das auch im Siebenmeterwerfen entschieden und in dem ich vom Punkt traf. Auch daher wollte ich heute unbedingt werfen, denn ich war mir sicher, dass ich ihn reinmache. Jetzt feiern wir erstmal, dann gehen wir zum Regenerieren in die Eistonne. Gegen Russland haben wir bei der EM letztes Jahr unser Auftaktspiel verloren, das sind nicht so schöne Erinnerungen. Die Russinnen stellen eine körperlich starke Mannschaft, daher wird das ein ganz anderes Spiel als gegen Korea. Aber wir können gewinnen - und wollen jetzt auch eine Medaille.

Quelle: dhb.de
Autor: Handball.de
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